Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaß. Testamentsform

 

Leitsatz (amtlich)

Da die Abfassung eines Testaments in Form eines Briefes nicht den üblichen Gepflogenheiten entspricht, sind an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen.

 

Normenkette

EGBGB Art. 4 Abs. 1 S. 2, Art. 25, 27; FGG §§ 12, 73 Abs. 3; BGB § 2247

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Beschluss vom 20.01.1997; Aktenzeichen 5 T 350/96)

AG Perleberg (Aktenzeichen 5 VI 192/94)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert beträgt 50.000,00 DM.

 

Tatbestand

I.

Der am 08.09.1894 in Deutschland geborene und im Jahre 1924 nach Amerika ausgewanderte Erblasser O. E. verfügte am 30.04.1952 testamentarisch, daß seine ebenfalls in Amerika lebende Schwester G. C. Alleinerbin werde. Neben dem in den USA vorhandenen Vermögen war der Erblasser Eigentümer eines in Deutschland befindlichen, im Grundbuch des Amtsgerichts Perleberg von Sch. Blatt verzeichneten Grundstücks. Er verstarb am 01.05.1952, in E., New York (USA), seinem letzten Wohnsitz, als amerikanischer Staatsbürger, unverheiratet und kinderlos. Im Zeitpunkt seines Todes lebten noch der am 17.06.1904 geborene Bruder des Erblassers, der Beteiligte zu 2., seine am 16.04.1896 geborene und am 26.08.1976 nachverstorbene Schwester H. S., geb. E., sowie seine im Jahre 1900 geborene und zwischenzeitlich höchstwahrscheinlich verstorbene Schwester G. C.

Das Amtsgericht Wolfratshausen erteilte auf Antrag der Beteiligten zu 1. am 27.10.1993 einen gemeinschaftlichen Erbschein dahingehend, daß nach dem Tode der Schwester H. S. des Erblassers deren drei Kinder, die am 11.02.1983 nachverstorbene Frau E. H., Frau L. V. und die Beteiligte zu 1. Erben zu je 1/3 seien.

In ihrer Eigenschaft als Miterbin nach ihrer Mutter H. S. beantragte die Beteiligte zu 1. mit Erklärung vom 25.02.1994 beim Amtsgericht Perleberg die Erteilung eines ihre Mutter H. S. als Alleinerbin ausweisenden Erbscheins. Hierzu legte sie die Kopie eines an ihre Schwester L. V. gerichteten, im Original nicht mehr vorhandenen, vierseitigen Briefes des Erblassers vom 24.08.1949 vor, in dem dieser, im wesentlichen auf die Verlobung seiner Nichte Bezug nehmend, geschrieben haben soll:

„…

Nun hat deine Mutter geschrieben, wenn die Russen sich aus Deutschland zurückziehen, wollen deine Eltern auf mein Grundstück ziehen in Brandenburg. Und welches sie haben sollen, da kommt der grosse Bruder E., und sagt er als Bruder hat das recht, daraufzuziehen.

Nun er hat sich nicht benommen als wie ein guter Bruder, aber deine Mutter hat sich benommen als wie eine gute Schwester.

…”

Das Amtsgericht Perleberg erteilte am 14.08.1995 einen Erbschein dahingehend, daß der Erblasser O. E. von der am 26.08.1976 nachverstorbenen Frau H. S. allein beerbt worden ist. Dieser Erbschein wurde gegenständlich beschränkt auf den im Inland befindlichen unbeweglichen Nachlaß.

Der Beteiligte zu 2. hat mit einem am 01.02.1996 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten den Antrag gestellt, den am 14.08.1995 erteilten Erbschein wegen Unrichtigkeit einzuziehen. Er hat das Vorhandensein und die Authentizität des Schreibens des Erblassers vom 24.08.1949 bestritten. Zur weiteren Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, daß die betreffende Briefpassage keine letztwillige Verfügung darstelle. Der Erblasser habe allenfalls eine Nutzung des Grundstückes bestimmt. Im übrigen habe der Erblasser bei Abfassen des Briefes im Jahre 1949 nicht vorhersehen können, daß sich „die Russen” (erst) im Jahre 1989 aus Deutschland zurückzögen, nachdem die vermeintlich Bedachte schon 13 Jahre zuvor verstorben sei. Im übrigen stelle das am 30.04.1952 zugunsten der Frau G. C. errichtete Testament gleichzeitig einen Widerruf der Erklärung im Brief des Erblassers vom 24.08.1949 dar.

Das Amtsgericht Perleberg hat den Erbschein vom 14.08.1995 mit Beschluß vom 08.10.1996 als unrichtig eingezogen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im wesentlichen ausgeführt, daß es sich bei der betreffenden Erklärung im Brief des Erblassers vom 24.08.1949 nicht um eine letztwillige Verfügung handele, da ein Testierwille nicht festgestellt werden könne. Ferner habe sich die Erklärung des Erblassers nicht allein auf seine Schwester H. S., sondern auch auf ihren Ehemann bezogen.

Mit einem am 20.11.1996 beim Amtsgericht Perleberg eingegangenen Schriftsatz hat die Beteiligte zu 1. durch ihre Verfahrensbevollmächtigten gegen den vorgenannten Beschluß Beschwerde eingelegt und beantragt,

den Beschluß des Amtsgerichts Perleberg vom 08.10.1996 aufzuheben und den Antrag des Beteiligten zu 2. auf Einziehung des Erbscheins zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, es handele sich bei der fraglichen Passage des Briefes des Erblassers um eine letztwillige Verfügung zugunsten H. S.. Zudem werde die Existenz des Brieforiginals durch die von ihrer Nachbarin, Frau A. M., abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen vom 16.10.1994 glaubhaft gemacht.

Der Beteiligte zu 2. ist der B...

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