Rz. 146

Neben der Prüfung einer Interessenkollision bei der Mandatsannahme muss der Rechtsanwalt für Erbrecht sich über die Vergütung seiner anwaltlichen Tätigkeiten Gedanken machen. Eine sorgfältige und umfassende Prüfung der verschiedenen Vergütungsmöglichkeiten bei der Mandatsannahme können beim Mandatsende einen für den Mandanten und den Rechtsanwalt erfolgreichen Abschluss ihrer Zusammenarbeit bedeuten. Das Ziel der Vergütung muss es sein, dass die vom Rechtsanwalt geleistete Tätigkeit in vollem Umfang vergütet wird und er nicht dem Prozessrisiko über die Vergütungshöhe ausgesetzt ist.

 

Rz. 147

Hierfür stehen dem Rechtsanwalt zwei Wege durch die Möglichkeit der Vergütung nach dem RVG oder der Vergütungsvereinbarung bzw. der Gebührenvereinbarung zur Verfügung, die sowohl Vorteile als auch Nachteile bieten. Die Abrechnung der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG ist für den Rechtsanwalt in vielen Fällen die schnellste und einfachste Möglichkeit seine Tätigkeiten gegenüber dem erbrechtlichen Mandanten abzurechnen. Allerdings kann die Abrechnung nach dem Gegenstandswert zu Problemen führen, wenn die Feststellung des Gegenstandswerts selbst nicht feststeht. Daneben kann der Gegenstandswert im erbrechtlichen Mandat durch Schwankungen bei den Nachlasswerten zu einem Ungleichgewicht zwischen anwaltlicher Tätigkeit und Vergütungshöhe führen. Liegt dem erbrechtlichen Mandat ein hoher Nachlasswert zugrunde, kann am Mandatsende eine Gebührenhöhe entstehen, die dem Mandanten nicht oder nur schwer zu vermitteln ist. Auf der anderen Seite kann ein niedriger oder bei der Mandatsannahme zu hoch angesetzter Nachlasswert dazu führen, dass die Gebührenhöhe nicht die tatsächlich durch den Rechtsanwalt erbrachte Leistung widerspiegelt.

 

Rz. 148

Damit ein solches Ungleichgewicht im Einzelfall im erbrechtlichen Mandat vermieden wird, ist dem Rechtsanwalt zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu raten. Die Vergütungsvereinbarung kann die Interessen sowohl des Rechtsanwalts als auch des Mandanten auf einen Nenner bringen. Der Rechtsanwalt muss für den Einzelfall entscheiden, ob die Vereinbarung eines Pauschalhonorars, eines Zeithonorars oder eine Kombination aus Pauschal- und Zeithonorar für ihn vorteilhaft und dem Mandanten vermittelbar ist. Insbesondere bei dem in der Praxis am häufigsten abgeschlossenen Zeithonorar muss der Rechtsanwalt die notwendige Transparenz erkennen lassen.

 

Rz. 149

Der erbrechtliche Mandant vertraut auf die Redlichkeit des Rechtsanwalts und muss das Kostenrisiko tragen. Durch das notwendige Fingerspitzengefühl kann der Rechtsanwalt ein Vertrauensverhältnis zum Mandanten aufbauen, damit dieser ein Gefühl über die Höhe und die Abrechnungsintervalle erhält. Das Zeithonorar bietet für den Rechtsanwalt die Möglichkeit, dass er seine gesamte anwaltliche Tätigkeit ohne Risiko abrechnen kann. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars sollte aufgrund des Ausnahmecharakters auf Einzelfälle beschränkt bleiben. Auch wenn im Erbrecht dem wirtschaftlich beengten Mandanten hohe Ansprüche aus dem Nachlass zustehen können, bedeutet dies nicht, dass diese auch rechtlich tatsächlich durchgesetzt werden können.

Im Bereich der rein beratenden Tätigkeit, die insbesondere die Gestaltung eines Testaments beinhaltet, bleibt es bei der Empfehlung, eine Gebührenvereinbarung mit dem Auftraggeber abzuschließen.

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