Rz. 76

Zunächst ist von dem Grundsatz auszugehen, dass ein Rechtsverhältnis, und zwar ein Gesellschaftsverhältnis (vgl. Rn 70), durch den Prozessfinanzierungsvertrag lediglich zwischen Anspruchsinhaber und Prozessfinanzierer begründet wird. Aus der Beteiligung des Anwaltes als Prozessbevollmächtigter können sich jedoch bei Problemen in der Prozessvertretung rechtliche Konsequenzen auch gegenüber dem Prozessfinanzierer ergeben.

 

Rz. 77

Bei einer anwaltlichen Pflichtverletzung in einem Verfahren, in dem ein Prozessfinanzierer beteiligt ist, kommt Anspruch auf Schadenersatz beschränkt auf den hypothetischen Erlösanteil, der im Erfolgsfall verblieben wäre, in Betracht.[66] Das Gleiche gilt für den Anteil des Prozessfinanzierers. In diesem Fall besteht der Schaden aus Erstattung der Prozesskosten sowie in dem vereinbarten Anteil am Prozesserlös. Anspruchsgrundlage ist ein Deliktsrecht oder ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.[67] Es ist jedoch von dem Grundsatz auszugehen, dass der Prozessfinanzierer nicht in der erforderlichen Weise in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages einbezogen ist. Eine pragmatische Lösung ist auch denkbar in der Weise, dass im Vertrag zwischen Prozessfinanzierer und Anspruchsinhaber eine Abtretung von Ansprüchen geregelt wird, die sich aus einer Pflichtverletzung des beteiligten Anwaltes ergeben könnten.

 

Rz. 78

Eine Haftung gegenüber dem Prozessfinanzierer seitens des Anwaltes kann auch in Betracht kommen, etwa wenn der Anwalt vor Abschluss eines Finanzierungsvertrages oder während des finanzierten Verfahrens falsche oder unvollständige Angaben zu den streitigen Ansprüchen oder zum Gang des Verfahrens macht. Eine solche Haftungslage kann sich auch ergeben, wenn der Anwalt in einem finanzierten Verfahren Verfügungen über streitige Ansprüche, etwa einen Vergleich trifft, ohne hierfür die vorherige Zustimmung des Finanzierers einzuholen.[68] Zu denken ist auch an die Fallgestaltung, dass der Prozessfinanzierer während des Prozesses rechtlich unzutreffende Hinweise gibt. Hier ist jedoch davon auszugehen, dass der Anwalt gegenüber dem Mandanten eigenverantwortlich handelt.

 

Rz. 79

Als Fazit zu den Rechtsbeziehungen zwischen Anwalt/Anspruchsinhaber und Anwalt/Prozessfinanzierer ist festzustellen, dass bei Einschaltung eines Prozessfinanzierers das Mandat aus der Sicht des Anwaltes deutlich an Komplexität zunimmt. Dies sollte aber den Anwalt nicht davon abhalten, dem Mandanten in geeigneten Fällen die Einschaltung eines Prozessfinanzierers zu empfehlen. Vielmehr ist es für den Anwalt geboten, dieses Institut zu nutzen und sich vertraut zu machen mit den Voraussetzungen und den sich hierzu ergebenden rechtlichen Aspekten.

[66] Kochheim, a.a.O. S. 245; zu möglichen Fallgestaltungen der Haftung des Anwaltes vgl. auch Bräuer, Prozesskosten als Haftungsquelle, AnwBl 2006, 61.
[67] Vgl. auch Kochheim, a.a.O. S. 246.
[68] Jaskolla, a.a.O. S. 185 bzw. 108.

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