Rz. 147

Der dritte Abschnitt des Paragrafenteils des RVG ist eine wichtige Ergänzung des § 15 RVG, worin geregelt ist, dass der RA für seine Tätigkeit in einer bestimmten Angelegenheit nur einmalige Pauschgebühren erhalten kann, gleichgültig, wie viele Einzelhandlungen er zur Erledigung der Angelegenheit ausgeführt hat (siehe Rdn 124 ff.).

Dass der RA die Gebühren in einer Angelegenheit nur einmal verlangen kann, hört sich einfach an, ist es aber nicht. Je nach Fall wird man auf Fragen stoßen wie, mit welcher Tätigkeit die Angelegenheit anfängt und womit sie aufhört. Zwischen Anfang und Ende liegen weitere Einzeltätigkeiten, bei denen man sich fragen wird, ob sie noch zu der Angelegenheit gehören, oder nicht doch schon zu einer anderen, neuen Angelegenheit.

 

Rz. 148

Zur Beantwortung dieser Fragen wird die Abgrenzung der Angelegenheit durch die §§ 16 bis 21 RVG geregelt, und zwar für alle Gebühren und für alle Verfahren an dieser Stelle im dritten Abschnitt zusammengefasst. Durch die Konzentration der Abgrenzungsvorschriften in dem dritten Abschnitt weiß man zwar immer, wo nach den Abgrenzungsvorschriften zu suchen ist, andererseits sind aber auch schon einige Seiten Gesetzestext zusammengekommen, was das Finden nicht gerade leichter macht.

 

Hinweis:

Im Umgang mit dem RVG ist es besonders wichtig, dass Sie verstanden haben, welchen Regelungsinhalt jeweils die §§ 16 bis 21 haben, da Sie mit diesem Wissen das Sie interessierende Problem meist leichter finden werden, ohne sieben Seiten Gesetzestext lesen zu müssen.

 

Rz. 149

Auch wenn § 15 RVG noch im zweiten Abschnitt steht, gehört er doch mit den im dritten Abschnitt stehenden §§ 16 bis 21 RVG zusammen. Die einzelnen Paragrafen haben in ihrem Zusammenspiel die folgenden Rollen zu erfüllen:

In § 15 RVG ist die grundlegende Regelung enthalten, also die Einmaligkeit der Pauschgebühren in einer Angelegenheit. Der Begriff der Angelegenheit wird durch die §§ 16 bis 19 RVG geklärt.
In § 16 RVG steht eine Aufzählung von Tätigkeiten, die jeweils dieselbe Angelegenheit bilden. Damit werden Zweifel ausgeräumt, ob diese Tätigkeiten gemeinsam zu einer Angelegenheit gehören oder zu mehreren Angelegenheiten.
In § 17 RVG wird genau das Gegenteil von § 16 RVG geregelt, indem vorgeschrieben wird, welche Tätigkeiten verschiedene Angelegenheiten bilden.
In § 18 RVG werden Tätigkeiten aufgelistet, die grundsätzlich besondere Angelegenheiten sein sollen, wobei es nicht darauf ankommt, mit welchen anderen Tätigkeiten sie zusammentreffen. Sie finden hier hauptsächlich aufgeführt, welche Maßnahmen bei Tätigkeiten in Zwangsvollstreckungssachen als besondere Angelegenheiten besondere Gebühren auslösen.
In § 19 RVG werden dem jeweiligen Rechtszug oder Verfahren Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren zugeordnet, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen.
In § 20 RVG wird geregelt, inwieweit die Abgabe oder Verweisung eines Prozesses von einem Gericht zu einem anderen einen neuen Rechtszug darstellt, in dem die Gebühren neu entstehen.
In § 21 RVG wird angeordnet, dass die Zurückverweisung eines Prozesses von einem Rechtsmittelgericht an das untergeordnete Gericht einen neuen Rechtszug darstellt, in dem die Gebühren neu entstehen.

Die §§ 16 bis 21 RVG werden in den folgenden Kapiteln noch kurz genauer vorgestellt, wobei es an dieser Stelle sinnlos ist, diese umfangreichen Paragrafen vollständig zu behandeln. Es werden die im Sinne dieses Buches bedeutsamen Stellen herausgegriffen und dargestellt, wobei bestimmte Teile besser später in Beziehung zu bestimmten Gebührenvorschriften behandelt werden; so werden z. B. insbesondere die Vorschriften, die sich mit den Angelegenheiten der Zwangsvollstreckung befassen, im Zusammenhang mit den Gebühren für Vollstreckungsaufträge dort dargestellt.

 

Merke:

Wichtig ist, dass Sie verstanden haben, welchen Regelungszweck jeweils die §§ 16 bis 21 RVG haben. Dann finden Sie schneller heraus, was zu einer Angelegenheit gehört und was nicht.

I. Dieselbe Angelegenheit (§ 16 RVG)

 

Rz. 150

Nach § 15 Abs. 2 RVG darf der RA in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal fordern. Da der Begriff der Angelegenheit in § 15 RVG nicht definiert ist, klärt § 16 RVG, welche bestimmten Tätigkeiten zu einer Angelegenheit gehören sollen. Im Wesentlichen handelt es sich gemäß § 16 RVG in folgenden Fällen um nur eine, also dieselbe Angelegenheit:

Das Verfahren, in dem über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entschieden wird, und nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe der anschließende Prozess (Ziff. 2)
Mehrere Verfahren in demselben Rechtszug, welche die Bewilligung, Aufhebung oder Änderung der Prozesskostenhilfe oder die Anordnungen von Zahlungen betreffen, oder der erneute Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe, nachdem der erste Antrag wegen fehlender Begründung abgelehnt worden ist (Ziff. 3)
Das Ehescheidungsverfahren und die im Verfahren ebenfalls erledigten Folgesachen wie Sorgerecht, Unterhalt und Versorgungsausgleich (Ziff. 4), dies gilt auch fü...

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