Rz. 135
Sind für Teile des Gegenstandswertes verschiedene Gebührensätze (z. B. 0,8 und 1,3) anzuwenden, so sind die Gebühren für die einzelnen Wertteile gesondert zu berechnen. Sie dürfen aber insgesamt nicht mehr betragen als die Gebühr nach dem höchsten verwendeten Gebührensatz (z. B. 1,3) aus den zusammengerechneten Wertteilen des Gegenstandswertes (§ 15 Absatz 3 RVG). Diese Vorschrift zwingt den RA zum Vergleich, was für den Mandanten bzw. erstattungspflichtigen Gegner "günstiger" ist: Die zusammengerechnete Gebühr nach den einzelnen Teilwerten oder die nach dem höchsten verwendeten Gebührensatz aus dem Gesamtbetrag berechnete Gebühr.
Beispiel:
Es entsteht innerhalb einer Angelegenheit eine 0,8 Verfahrensgebühr (Nr. 3101 Ziff. 1 VV RVG) nach einem Wertteil von 6.000,00 EUR und eine 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) nach einem Wertteil von 18.000,00 EUR. Der RA kann berechnen:
0,8 | Verfahrensgebühr nach dem Wert von 6.000,00 EUR |
312,00 EUR |
1,3 | Verfahrensgebühr nach dem Wert von 18.000,00 EUR |
1.001,00 EUR |
1.313,00 EUR | ||
Der RA ist durch § 15 Abs. 3 RVG zu folgender vergleichenden Berechnung gezwungen: |
||
1,3 | Verfahrensgebühr nach dem Gesamtwert von 24.000,00 EUR |
1.136,20 EUR |
Da der Betrag einer Gebühr mit dem höchsten verwendeten Gebührensatz von 1,3 nach dem gesamten Gegenstandswert geringer als die Summe der beiden zusammengerechneten Gebühren ist, kann der RA nur 1.136,20 EUR in Ansatz bringen.
Rz. 136
Die Bestimmung des § 15 Absatz 3 RVG ist im Wesentlichen anzuwenden, wenn z. B. folgende Gebühren in einer Angelegenheit zusammentreffen:
▪ | 0,8 Verfahrensgebühr bei vorzeitiger Erledigung (Nr. 3101 Ziff. 1 VV RVG) und 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) |
▪ | 0,8 Differenz-Verfahrensgebühr bei Einigung über nicht rechtshängige Ansprüche (Nr. 3101 Ziff. 2 VV RVG) und 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) |
▪ | 1,1 Differenz-Verfahrensgebühr bei Einigung über nicht rechtshängige Ansprüche (Nr. 3201 Anmerkung Ziff. 2 VV RVG) und 1,6 Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV RVG) in der Berufungsinstanz |
▪ | 1,0 Einigungsgebühr bei rechtshängigen Ansprüchen (Nr. 1003 VV RVG) und 1,5 Einigungsgebühr bei nicht rechtshängigen Ansprüchen (Nr. 1000 VV RVG) |
▪ | 1,3 Einigungsgebühr bei in der Berufungs- oder Revisionsinstanz rechtshängigen Ansprüchen (Nr. 1004 VV RVG) und 1,5 Einigungsgebühr bei nicht rechtshängigen Ansprüchen (Nr. 1000 VV RVG) |
▪ | Erhöhte Verfahrens- oder Geschäftsgebühr, wenn mehrere Auftraggeber nur teilweise am Gegenstand gemeinsam beteiligt sind (Nr. 1008 Anmerkung Abs. 2 VV RVG) und nicht erhöhte Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für den Rest des Gegenstands. |
Merke:
Sind für Wertteile des Gegenstandes unterschiedlich hohe Gebührensätze zu berechnen, so wird für jeden Wertteil die Gebühr gesondert berechnet, jedoch darf die Summe der so errechneten Gebühren nicht höher sein, als die nach dem Gesamtwert und dem höchsten angewendeten Gebührensatz berechnete Gebühr.
Beispiel:
Die Bedeutung des § 15 Abs. 3 RVG soll anhand einer vollständigen Vergütungsrechnung aufgezeigt werden: Der RA hat Klageauftrag über 1.600,00 EUR. Im ersten Verhandlungstermin wird eine Einigung vom Gericht zu Protokoll genommen, wonach der Beklagte 1.420,00 EUR an den Kläger zahlt. In diesen Vergleich sind 1.300,00 EUR mit einbezogen worden, die noch nicht eingeklagt waren.
Gegenstandswert: 2.900,00 EUR / 1.600,00 EUR / 1.300,00 EUR
1,3 | (Wert: 1.600,00 EUR) | 215,80 EUR | |
0,8 | Differenz-Verfahrensgebühr (Wert: 1.300,00 EUR) |
101,60 EUR | |
317,40 EUR | |||
Gemäß § 15 Abs. 3 RVG darf höchstens eine 1,3 Verfahrensgebühr nach der Wertesumme von 2.900,00 EUR berechnet werden, das wären 288,60 EUR. Da diese Gebühr hier überschritten wird, sind als Verfahrensgebühren nur zu berechnen: | 288,60 EUR | ||
1,2 | (Wert: 2.900,00 EUR) | 266,40 EUR | |
1,0 | Einigungsgebühr (Wert: 1.600,00 EUR) |
166,00 EUR | |
1,5 | Einigungsgebühr (Wert: 1.300,00 EUR) |
190,50 EUR | |
356,50 EUR | |||
Gemäß § 15 Abs. 3 RVG darf höchstens eine 1,5 Einigungsgebühr nach der Wertesumme von 2.900,00 EUR berechnet werden, das wären 333,00 EUR. Da diese Gebühr hier überschritten wird, sind als Einigungsgebühren nur zu berechnen: | 333,00 EUR | ||
20 % | Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR | |
908,00 EUR | |||
19 % | USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG | 172,52 EUR | |
1.080,52 EUR |
Wenn Sie diesen Fall und seine Lösung jetzt noch nicht verstanden haben, dann ist das erstens jetzt noch nicht schlimm und zweitens werden Sie die Berechnung der Einigungsgebühr in solchen Fällen schon noch lernen. Wichtig ist an dieser Stelle nur, dass Sie gesehen haben, dass die Anwendung des § 15 Abs. 3 RVG in einer Vergü...
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