Rz. 26

Das anwaltliche Standesrecht erklärt es in § 49b Abs. 1 S. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) grundsätzlich für unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als im RVG vorgesehen sind. Die Vorschriften des RVG über Gebühren und Auslagen schreiben also die jeweilige Mindestvergütung vor, die in der Regel nicht unterschritten werden darf. Das Unterbieten dieser Mindestvergütung ist nicht nur standeswidrig, sondern kann auch als unlauterer Wettbewerb gelten. Nur bei besonderen Umständen im Einzelfall (§ 49b Abs. 1 S. 2 BRAO) und in den gesetzlich bestimmten Fällen darf die Mindestvergütung unterschritten werden (siehe Rdn 20 ff.).

 

Rz. 27

Eine Vereinbarung, durch die die Höhe der Vergütung vom Ausgang der Sache oder vom sonstigen Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird, also die Vereinbarung eines Erfolgshonorars, ist grundsätzlich unzulässig (§ 49b Abs. 2 S. 1 BRAO) – außer bei den im RVG ausdrücklich bestimmten Fällen.

Nur unter den in § 4a Abs. 1 RVG genannten Voraussetzungen ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars zulässig. Demnach darf ein Erfolgshonorar lediglich in bestimmten Fällen vereinbart werden:

1. Der Auftrag darf sich auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 Euro beziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der RA die Forderung geltend machen oder abwehren soll. Für andere Forderungen als Geldforderungen gilt dies nicht.
2. Bei Inkassotätigkeiten die entweder außergerichtlich oder in bestimmten gerichtlichen Verfahren (Mahnverfahren, Zwangsvollstreckung) betrieben werden, ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars zulässig. Auf die Höhe der Forderung kommt es in diesen Fällen nicht an.
3. Wenn im Einzelfall der Auftraggeber im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse seine Rechte nur verfolgen könnte, wenn ihm dies durch Vereinbarung eines Erfolgshonorars ermöglicht würde – siehe nachstehende Beispiele.

In den Fällen der vorstehenden Nrn. 1 und 3 gilt Folgendes: Wenn für den Fall des Misserfolgs der Anwaltstätigkeit keine oder eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart ist, dann muss für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart werden.

 

Beispiele:

Mandant Rainer Kaputtnik ist durch einen Unfall schwer verletzt worden. Er wurde von dem Fahrradfahrer Roland Ungethüm, während dieser mit seinem Handy telefonierte, mit dem Fahrrad überfahren. Wegen der Unfallfolgen ist Kaputtnik gezwungen, seinen Beruf aufzugeben. Da Ungethüm sich weigert, Schadenersatzansprüche anzuerkennen, muss Kaputtnik seine hohen Schadenersatzansprüche wegen der Berufsunfähigkeit und seine erhebliche Schmerzensgeldforderung einklagen. Kaputtnik kann die entsprechend hohen Anwaltskosten für die Rechtsverfolgung nicht aufbringen. Müsste er die Anwaltskosten im Fall des Unterliegens selbst zahlen, könnte er sich den Prozess nicht leisten. Prozesskostenhilfe wird ihm voraussichtlich nicht bewilligt. Deshalb vereinbart er mit RAin Kuckuck ein Erfolgshonorar nur für den Fall, dass Kaputtnik den Prozess gegen Ungethüm gewinnt. Sollte er den Prozess gewinnen, erhält RAin Kuckuck 150 % der gesetzlichen Gebühren und im Falle des Unterliegens erhält sie nichts.

Ein mittelständisches Unternehmen kann einen großen, sehr teuren Bauprozess nur führen, wenn ein Erfolgshonorar vereinbart wird.

Es besteht ein Rechtsstreit über einen Erbteil von bedeutender Höhe und der Auftraggeber kann sich die entsprechend hohen Gebühren für einen RA nicht leisten.

 

Rz. 28

Wird ein Erfolgshonorar vereinbart, hat der RA zum Schutz des Auftraggebers eine Reihe von Aufklärungs- und Hinweispflichten. Damit soll sichergestellt werden, dass der Mandant kein Erfolgshonorar vereinbart, ohne sich über die wirtschaftlichen Folgen im Klaren zu sein.

Gemäß § 4a Abs. 3 RVG müssen in der Vereinbarung über ein Erfolgshonorar folgende Pflichtangaben stehen:

1. Erforderlich ist eine Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingung verdient sein soll.
2. Es muss angeben werden, wie sich die Vereinbarung auf anfallende Gerichtskosten und im Unterliegensfall dem Gegner zu erstattende Kosten auswirken soll.
3. Weiterhin sind die Gründe zu nennen, die für die Bestimmung des Erfolgshonorars ausschlaggebend sein sollen.
4. Wenn im Einzelfall der Auftraggeber seine Rechte nur bei Vereinbarung eines Erfolgshonorars verfolgen könnte, muss der RA die voraussichtliche gesetzliche Vergütung angeben und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der er bereit wäre, den Auftrag anzunehmen.
 

Rz. 29

Im Falle einer fehlerhaften Vergütungsvereinbarung bleibt die Vereinbarung zwar wirksam, aber der RA darf dann höchstens die gesetzliche Vergütung verlangen (§ 4b RVG).

 

Hinweis:

In einem Strafverfahren gegen einen RA fordert der BGH vor der Vereinbarung eines Erfolgshonorars eine Aufklärung des Auftraggebers durch den RA über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen. Diese Verpflichtung des RA bezeichnet der BGH sogar als "Garantenstellung" des RA (BGH, Urteil vom ...

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