Rz. 70

Eher ein Schattendasein führen vertragliche Ansprüche auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten, zu denen neben den Vergütungsansprüchen von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern auch die Aufwendungen des Gläubigers, insbesondere die Mahnkosten gehören.

Noch naheliegend und in der Praxis gängig ist die Regelung von Mahnkosten des Gläubigers in dessen allgemeinen Geschäftsbedingungen. Pro Mahnung nach Fälligkeit werden dort Pauschalen von 1,50 EUR bis 5 EUR je Mahnung als eher unbedenklich angesehen[182] – auch die öffentliche Hand ist in dieser Größenordnung tätig[183] –, während ­höhere Pauschalen auch schon einmal zum Gegenstand streitiger Entscheidungen werden.[184] Die Frage nach der Höhe der Mahnkosten war auch in jüngerer Zeit Gegenstand verschiedener Rechtsstreitigkeiten mit unterschiedlichen Ergebnissen. So haben sich verschiedene Gerichte mit den Mahnpauschalen einzelner Anbieter, so u.a. auch von Mobilfunkanbietern, befasst und dabei Mahnpauschalen in einer Bandbreite zwischen 2,50 EUR und 9 EUR und, noch deutlich höher, und zwar in Höhe von 50 EUR, für überhöht und damit unzulässig erklärt.[185]

 

Hinweis

Es ist zu sehen, dass in Streitigkeiten um konkrete Einzelfälle in der Instanzrechtsprechung weiterhin im Mahnkosten von 2,50 EUR je Mahnung für angemessen erachtet und nicht beanstandet werden. Strenger ist dagegen die Rechtsprechung bei Klagen nach dem Unterlassungsklagengesetz und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.[186]

Der BGH[187] setzt der Erstattungsfähigkeit pauschalierter Mahnkosten unter dem Gesichtspunkt des Lauterkeitsrechtes (sehr) enge Grenzen. Anlass für die Entscheidung des BGH war eine Klage gegen ein Energieversorgungsunternehmen, das in seinen AGB eine Klausel verwendet hatte, nach welcher es berechtigt sein sollte, seinen säumigen Kunden im Falle des Zahlungsverzugs Mahnkosten in Höhe von pauschal 2,50 EUR pro Mahnung in Rechnung zu stellen. In diesem Zusammenhang bestätigte der BGH den seit Jahrzehnten insbesondere auch nach ständiger Rechtsprechung geltenden Grundsatz, dass der Geschädigte den für die Schadensermittlung und außergerichtliche Abwicklung seines Schadensersatzanspruchs anfallenden Arbeits- und Zeitaufwand, auch wenn er hierfür besonderes Personal einsetzt oder die Tätigkeiten extern erledigen lässt, grundsätzlich selbst zu tragen hat[188] Etwas anderes – so der BGH – gelte nur dann, wenn der im Einzelfall erforderliche Aufwand die im Rahmen des Üblichen typischerweise zu erbringende Mühewaltung überschreitet.[189] Da der BGH einen derartigen Ausnahmesachverhalt nicht erkennen konnte, sah er lediglich die Kosten für den Druck, die Kuvertierung, Frankierung sowie Versendung der Mahnung in Höhe von 0,7643 EUR als erstattungsfähig an.[190] Festzuhalten bleibt also, dass nur die nachweisbaren Sachkosten als erstattungsfähig anzusehen sind.

 

Hinweis

Dem Verbraucher hat der BGH damit keinen Gefallen getan. Die Unternehmen müssen für sich feststellen, dass sie die Personal- und Arbeitskosten ohne Erstattungsmöglichkeit tragen müssen. Das motiviert, die Anstrengungen im kaufmännischen Mahnwesen auf das gesetzlich notwendige zu beschränken und frühzeitig einen Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister mit der Forderungseinziehung zu beauftragen. Das kommt den Verbraucher in der Regel teurer. Diesem Hintergrund wünschenswert, dass der Gesetzgeber eine Regelung für pauschalierter Mahnkosten im Hinblick auf die maximale Zahl von kaufmännischen Mahnungen und die Höhe des Erstattungsbetrages für jede einzelne Mahnung schafft. Dass würde ihm Gelegenheit geben, gleichzeitig die Mahnkosten der öffentlichen Hand auf ein akzeptables Maß zu beschränken und zu vereinheitlichen.

 

Rz. 71

Auch die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten kann allerdings grundsätzlich Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Gläubiger, vertreten durch den Inkassodienstleister, und dem Schuldner sein. Teilweise müssen sie es sogar sein. Als vertragliche Vereinbarungen bieten sich neben dem Grundgeschäft insbesondere Zahlungsvereinbarungen oder sonstige Formen von Schuldanerkenntnissen an. Für den Kunden wird so frühzeitig eine größere Transparenz zum Forderungseinziehungssystem des Gläubigers geschaffen, auf das er sich einstellen kann. Solche Regelungen genügen nicht nur der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB, sondern können präventiv die Zahlungsmoral stärken.

Es kann vereinbart werden, dass der Schuldner die Kosten der Beauftragung eines Inkassodienstleisters oder Rechtsanwalts trägt, wenn er in Verzug gerät. Es handelt sich dann um keine Regelung des Anspruchsgrundes, sondern eine zur Anspruchshöhe. Dabei können auch die Vergütungssätze im Einzelnen vereinbart werden, wobei sich aus Gründen der AGB-Kontrolle eine Nähe zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz empfiehlt. In dem Fall stellt sich die Frage nach der Erstattungsfähigkeit dieser Kosten nicht. Vielmehr handelt es sich um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch.

 

Hinweis

Soweit eine solche vertragliche Vereinbarung nicht ...

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