Rz. 5

Auch wenn sich die Problematik der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten letztlich aus dem Vergütungs- oder Abrechnungsverhältnis heraus begründet, die beiden Rechtsverhältnisse also notwendigerweise eng miteinander verwoben sind, müssen sie doch streng getrennt werden.

 

Rz. 6

Die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Gläubiger und dem Inkassodienstleister, das Vergütungs- oder Abrechnungsverhältnis also, sind nicht primär Gegenstand der vorliegenden Abhandlung. Sie werden nur insoweit thematisiert, wie dies für die Bestimmung des Umfanges eines möglichen Erstattungsanspruchs des Gläubigers gegen den Schuldner erforderlich erscheint. Im Fokus dieser Darstellung steht primär der Erstattungsanspruch. Immer aber ist ein Vergütungsanspruch Grundlage des Gläubigerschadens und damit zugleich auch des Erstattungsanspruches. Mehr als vergütet wird, kann nicht verlangt werden.

 

Rz. 7

Eine juristische Anspruchsprüfung wird mit der Frage eingeleitet: "Wer will was woraus und von wem?" Die Frage zerlegt sich in vier Teile mit ihren besonderen Fragestellungen im Inkasso:

Unter "Wer" ist der Gläubiger zu verstehen; nur auf den ersten Blick ist das immer eindeutig. Abtretungen, Forderungsverkauf, Factoring usw. können zu mehreren historischen Gläubigern führen.

 

Hinweis

Für das Forderungsinkasso muss dabei weitergesehen werden, dass der Gläubiger nicht zwingend der Auftraggeber des Inkassodienstleisters oder des Rechtsanwaltes ist. Die Rollen können, müssen aber nicht zusammenfallen.

Unter "von Wem" ist die Frage nach dem Schuldner zu stellen. Auch diese Frage ist auf den zweiten Blick durchaus komplizierter, wenn an Ansprüche gegen Minderjährige oder Aufsichtspflichtige oder auch an Mithaftungsfälle beim Ehegatten (§ 1357 BGB) oder im Gesellschaftsrecht (§§ 25, 124, 128 HGB) gedacht wird.

"Was" sind die Rechtsverfolgungskosten, die der Gläubiger erstattet verlangen möchte. Da es lediglich um die Erstattung geht, begründen sich die Rechtsverfolgungskosten aus dem Abrechnungsverhältnis. Sie stellen den Schaden oder den Erfüllungsanspruch des Gläubigers dar und werden unter diesen Gesichtspunkten nachfolgend abgehandelt;

 

Hinweis

Neben den vertraglichen Vereinbarungen gilt es hier die gesetzlichen Ausprägungen und Beschränkungen zu erkennen und anzuwenden.

Es bleibt die wichtige Frage nach dem "Woraus". Hier muss die Anspruchsgrundlage benannt werden, die den begehrten Ersatz der Rechtsverfolgungskosten umfasst. Es kommen ganz unterschiedliche Anspruchsgrundlagen mit verschiedenen Anspruchsvoraussetzungen in Betracht, die jeweils gesondert zu prüfen sind. Materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen konkurrieren untereinander wie mit den prozessualen Kostenerstattungsvorschriften nur in den Voraussetzungen. Sie schließen sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht aus, sondern ergänzen sich.[9]
 

Rz. 8

Als Anspruchsgrundlagen für eine Erstattung der Inkassokosten kommen danach materiell-rechtliche wie prozessuale Kostenerstattungsvorschriften in Betracht, die in diesem Praxisleitfaden zu betrachten sind:

Der Anspruch auf Erstattung der Inkassokosten auf der Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches, insbesondere

der Anspruch aufgrund der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Verzuges nach §§ 280, 286 BGB als Schadensersatzanspruch als sicher wichtigste Anspruchsgrundlage in der Praxis;
der Anspruch auf Erstattung von Inkassokosten aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Gläubiger im Grundverhältnis oder aber auch während der Phase der Forderungsbeitreibung[10] – hier dann ggf. vertreten durch den Inkassodienstleister – und dem Schuldner;
der Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten aufgrund einer unerlaubten Handlung nach §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 oder auch § 826 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz, wie insbesondere den Bestimmungen des StGB.[11]

Der Anspruch auf Erstattung der Inkassokosten auf der Grundlage eines prozessualen Kostenerstattungsanspruches, insbesondere

der Anspruch aus §§ 91 ff. ZPO,
der Anspruch aus § 91 ff. ZPO im gerichtlichen Mahnverfahren, nachdem die bisherige Begrenzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf 25 EUR in § 4 Abs. 4 RDGEG a.F. zum 30.9.2021 aufgehoben wurde und
der Anspruch aus § § 13e Abs. 2 RDG[12] i.V.m. § 788 ZPO für die Vertretung des Gläubigers durch den Inkassodienstleister im Mobiliarzwangsvollstreckungsverfahren.
 

Rz. 9

Der erst zum 29.7.2014 eingeführte § 288 Abs. 5 BGB[13] gibt dem Gläubiger einen eigenen Anspruch auf pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 40 EUR, soweit der Schuldner kein Verbraucher ist.[14] Dieser Anspruch wird nur insoweit betrachtet, wie er eine Anrechnungsregel aufstellt, deren Umfang zu klären ist. Damit ist der Umfang, d.h. die Höhe des Schadens oder des Erfüllungsanspruches betroffen.

Verbunden mit der Darstellung der Ansprüche in ihren Voraussetzungen dem Grunde nach, wird der Frage nach der Höhe des ersatzfähigen Schadens bzw. des Erfüllungsanspruches nur insoweit nac...

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