Rz. 228

Zum Teil bietet der Inkassodienstleister das gesamte Spektrum des außergerichtlichen Forderungsinkassos, des gerichtlichen Mahnverfahrens oder der Zwangsvollstreckung oder andere, unterschiedlich definierte Leistungspakete zu einem Pauschalpreis an.

Die geschieht nicht selten in Anlehnung an die Angelegenheiten nach den §§ 16 ff. RVG sowie die Forderungshöhe (Gegenstandswert) und zeigt auch in den Bearbeitungsgebühren (Geschäftsgebühr) oder der Vergleichsvergütung (Einigungsgebühr) eine große Nähe zur BRAGO bzw. zum RVG. Dieses Vergütungsmodell findet sich ebenfalls vielfach in älteren Verträgen.

Eine besondere Schwierigkeit in schadensrechtlicher Hinsicht besteht in der Frage, ob der Gläubiger die gesamte Pauschalvergütung auch dann ersetzt verlangen kann, wenn nicht das gesamte beauftragte Spektrum der Inkassodienstleistungen in Anspruch genommen bzw. zur Herstellung der Zahlungsbereitschaft beim Schuldner benötigt wurde.

 

Rz. 229

 

Beispiel

Der Gläubiger beauftragt den Inkassodienstleister mit dem vorgerichtlichen Inkasso einer Forderung in Höhe von 2.000 EUR gegen Zahlung einer Inkassopauschale von 180 EUR. Die Inkassodienstleistung umfasst die Aktenanlage, die laufende Informationsbeschaffung über den Aufenthalt und das Vermögen des Schuldners, vier schriftliche Mahnungen, das Telefoninkasso und einen Außendienstbesuch. Auf die schriftlichen Mahnungen reagiert der Schuldner nicht. Erst auf die fernmündliche Kontaktaufnahme schließt er eine Ratenzahlungsvereinbarung ab, die er dann auch erfüllt. Des Einsatzes eines Außendienstmitarbeiters bedarf es nicht mehr. Nach der vertraglichen Vereinbarung kann der Inkassodienstleister von dem Gläubiger gleichwohl 180 EUR verlangen. Der Gläubiger stellt sich nun die Frage, ob er diesen Betrag auch gänzlich vom Schuldner als Verzugsschaden verlangen kann.

 

Rz. 230

Hier kommen verschiedene Lösungswege in Betracht:

Denkbar ist, eine Aufteilung vorzunehmen, d.h. die tatsächlich erbrachten Leistungen ins Verhältnis zu den beauftragten Leistungen zu setzen und in entsprechender Weise die Pauschalvergütung aufzuteilen. Dies ist eine Verfahrensweise, die etwa im Bau- oder Architektenrecht anzutreffen ist, wenn nach einem Pauschalpreisvertrag nicht alle Leistungen erbracht werden. Hier müsste der Gläubiger dann nach den gleichen Kriterien im Prozess eine Aufteilung der Pauschalgebühr darlegen und den auf die erbrachte Inkassodienstleistung entfallenden Anteil geltend machen.
Nach der hier vertretenen Auffassung muss der Schuldner allerdings im ersten Schritt die gesamte Inkassovergütung von 180 EUR als Verzugsschaden tragen, da dem Gläubiger in diesem Umfang ein tatsächlicher Schaden entstanden ist und der Schuldner durch den Verzug die Beauftragung des Inkassodienstleisters veranlasst hat. Begrenzt wird der Erstattungsanspruch dann im zweiten Schritt nach § 13e Abs. 1 RDG auf die Vergütung, die ein Rechtsanwalt für die vergleichbare Vergütung hätte erlangen können. Da schon die 0,9-Geschäftsgebühr zuzüglich der 0,7-Einigungsgebühr nebst Auslagen zu einer Nettovergütung von 285,60 EUR führt, muss im Beispielsfall nicht einmal geprüft werden, ob ein umfangreicher Fall vorliegt.
Der Umstand, dass der Außendienst nicht mehr eingesetzt wurde, kommt dem Schuldner hier nicht zugute, ohne dass dies zu beanstanden ist. Einer Pauschalvergütung liegt die legitime Überlegung zugrunde, den Verwaltungsaufwand der Einzelerfassung zu ersparen und zugleich eine Mischkalkulation zu ermöglichen. Diese Überlegungen liegen auch dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zugrunde. Auch hier erhält der Rechtsanwalt die gleiche 0,9-Geschäftsgebühr unabhängig von der Frage, ob der Schuldner auf die zweite oder erst auf die vierte schriftliche Mahnung zahlt. Eine Abweichung von diesen Grundsätzen der vollständigen Erstattungsfähigkeit käme allenfalls unter Beachtung von § 242 BGB dann in Betracht, wenn die Vergütung gänzlich außer Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen würde. Hier dürfte allerdings § 13e Abs. 1 BGB für die Anwendung von § 242 BGB kaum Raum lassen.

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