Rz. 21

Die Mahnung ist eine ernsthafte und unmissverständliche Leistungsaufforderung durch den Gläubiger an den Schuldner, die zu fordernde Leistung zu erbringen.[32] Sie hat nach der Fälligkeit zu erfolgen.

Die Mahnung ist als eine geschäftsähnliche Handlung gleich einer einseitig empfangsbedürftigen Willenserklärung[33] weder an eine Form noch an eine Frist gebunden, soweit sich aus dem Vertrag oder einer spezialgesetzlichen Regelung – vgl. etwa § 38 VVG – nichts anderes ergibt.[34] Die Vorschriften über die Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte, insbesondere auch über die Vertretung[35] sind auf die Mahnung entsprechend anwendbar.[36]

Die Mahnung ist grundsätzlich keiner besonderen Form unterworfen. Die Frage nach der Form der Mahnung stellt sich allein im Zusammenhang mit dem Nachweis des Zugangs. Sie kann danach schriftlich, mündlich oder elektronisch erfolgen.

 

Rz. 22

 

Hinweis

So kann eine Mahnung etwa auch – die datenschutzrechtliche Verwendbarkeit der Mobilnummer unterstellend – per SMS erfolgen, wenn nur die Telefonnummer des Schuldners bekannt ist oder im Rahmen des Verwendungszweckes bei einer Lastschrift oder einer sogenannten Cent-Überweisung, wenn nur die IBAN des Schuldners bekannt ist. In beiden Fällen käme die vorrangige Ermittlung der postalischen Anschrift des Schuldners diesen sehr viel teurer. Diese Formen der Mahnung berücksichtigen also richtigerweise die Schadenminderungspflicht.

Etwas anderes gilt nur, wenn ausdrücklich die Schriftform angeordnet ist. So sieht § 38 VVG eine Mahnung in Textform vor, wobei auch der notwendige Inhalt der Mahnung weiter konkretisiert wird.

Aus der Mahnung muss hervorgehen, dass die Leistung nun unbedingt verlangt wird. Hinweise, Anfragen oder Gesprächswünsche mit Vorschlägen zur Gestaltung der Leistungspflicht[37] reichen nicht aus. Der BGH verlangt insoweit, dass die Leistung mit Bestimmtheit gefordert wird.[38]

 

Rz. 23

 

Beispiel

U hat das Fahrzeug des S repariert. Mit der Abholung des Fahrzeuges hat S auch die Reparaturrechnung erhalten, ohne dass in der Folgezeit ein Rechnungsausgleich erfolgt ist. Als U auch nach acht Wochen keinen Zahlungseingang feststellen kann, fragt er bei S schriftlich an, wann er mit dem Rechnungsausgleich rechnen könne.

Hier hat das Anschreiben lediglich die Form einer Anfrage, der keine ernsthafte und unmissverständliche Leistungsaufforderung zu entnehmen ist, und ist damit keine Mahnung. Die Mahnung kann aber sehr wohl höflich formuliert sein,[39] um die weitere Geschäftsbeziehung nicht zu belasten, sie muss aber dem Schuldner zu verstehen geben, dass der Gläubiger von der sofortigen Leistungspflicht des Schuldners ausgeht und die Leistung nunmehr auch verlangt.[40]

 

Rz. 24

 

Beispiel

Im vorbezeichneten Fall kann etwa formuliert werden:

"Am … haben Sie Ihr Fahrzeug in unserer Werkstatt abgeholt. Wir gehen davon aus, dass die beauftragte Reparatur zu Ihrer Zufriedenheit ausgeführt wurde. Bei dieser Gelegenheit haben wir Ihnen auch unsere Rechnung übergeben. Sicherlich ist Ihnen entgangen, diese Rechnung auszugleichen. Jedenfalls konnten wir bis heute keinen Zahlungseingang feststellen."

Wir möchten Sie daher höflichst bitten, den Rechnungsausgleich zu überprüfen. Der Rechnungsbetrag war mit Erfüllung unserer Leistung und Übernahme des Fahrzeuges durch Sie fällig. Sollte die Zahlung noch nicht erfolgt sein, dürfen wir Sie bitten, den ausstehenden Rechnungsbetrag umgehend auf eines unserer nachstehend aufgeführten Konten anzuweisen. Sollten Sie den Betrag angewiesen haben, bitten wir um Angabe, wann dies auf welches Konto geschehen ist, damit der Sachverhalt überprüft werden kann.“

[32] BGH, NJW 1998, 2132; Palandt/Grüneberg, § 286 Rn 16.
[33] BGH, NJW 1987, 1547.
[34] Allerdings hatte das BMJV im ursprünglichen Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht vorgesehen, in § 288 BGB einen neuen Absatz 4 einzufügen, wonach der Gläubiger, soweit er Unternehmer ist, die durch eine etwaige Beauftragung eines Rechtsanwalts oder Inkassodienstleisters als Verzugsschaden entstandene, ersatzfähige Kosten nur dann von einem Schuldner, der Verbraucher ist, hätte ersetzt verlangen können, wenn er den Schuldner auf die mögliche Ersatzpflicht klar und verständlich sowie in leicht erkennbarer Textform hingewiesen hatte. Auf Druck verschiedener Wirtschaftsverbände (vgl. z.B. Stellungnahme des HDE vom 1.10.2019, https://einzelhandel.de/index.php?option=com_attachments­&task=download&id=10352, Abruf v. 9.5.2021) wurden die vorgesehenen Hinweisobliegenheiten der Gläubiger schließlich jedoch wieder gestrichen, weil der Einwand des Schuldners, ihn habe ein solcher Hinweis jedenfalls nicht erreicht, zu leicht möglich gewesen wäre.
[35] OLG Koblenz, NJW-RR 1992, 1093; OLG Bremen, FamRZ 1995, 1515.
[37] KG Berlin, KGR 2008, 449.
[38] BGH, NJW 1998, 2132 = MDR 1998, 1021.
[39] BGH, NJW 1998, 2132; LG Frankfurt, NJW 1982, 650 betreffend eine Mahnung in Versform.
[40] So auch bereits das Reichsgericht, das darauf hingewie...

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