Rz. 98

Mit dem Umgang im engeren Sinn stehen die mittelbaren Kontakte in Zusammenhang, die gegebenenfalls als Umgangsergänzung gefordert werden können, zumindest aber vom betreuenden Elternteil regelmäßig geduldet werden sollten.[361] Hierzu gehören im wesentlichen Telefon- oder Briefkontakte. In Streitfällen obliegt es dem Familiengericht, die Kontakte nach Frequenz, Zeitpunkt und Dauer der Anrufe näher zu bestimmen.[362] Der betreuende Elternteil ist gut beraten, nicht auf die minutengenaue Einhaltung der Sprechzeit zu drängen, zumal dies zwangsläufig dem Kind gegenüber geschehen müsste. Telefonische Kontakte können aber ausgeschlossen werden, wenn der Umgangsberechtigte diese nutzt, um das Kind gegen den betreuenden Elternteil aufzuhetzen.[363]

 

Rz. 99

Diese sogenannten Umgangssurrogate können den eigentlichen Umgang ergänzen, aber auch an dessen Stelle treten.[364] Sie haben etwa bei großen räumlichen Entfernungen, im Zusammenhang mit gravierenden Erkrankungen des Umgangsberechtigten[365] oder dessen Haftverbüßung[366] Bedeutung. Gleiches gilt auch bei eingeschränkten oder ausgeschlossenen Kontakten oder bei zunächst unterbrochenen Kontakten, dann, um wieder eine Anbahnung des persönlichen Umgangs vorzubereiten oder zu begleiten.[367] Da gegebenenfalls Telefonkontakte ein Kind auch unvorbereitet in einer Krisenstimmung treffen und diese verstärken können, muss dieses Risiko abgeschätzt werden. Die Telefonate dürfen aber nicht allein von der Zustimmung des Sorgeberechtigten abhängig gemacht werden.

 

Rz. 100

Im Zusammenhang mit Briefkontakten ist es primäre Pflicht des sorgeberechtigten Elternteils, diese Briefe auch tatsächlich an das Kind weiterzuleiten,[368] wobei es dem Sorgeberechtigen auch nur ausnahmsweise gestattet ist, eine Briefkontrolle vorzunehmen.[369] Davon ist etwa auszugehen, wenn hierfür triftige, das Persönlichkeitsrecht des Kindes berührende Gründe vor­liegen. Bei etwaigen Anhaltspunkten hierfür ist der beanstandete Brief zurückzuhalten und dem Gericht als Grundlage der zu treffenden Entscheidung vorzulegen. Genügt der Sorgeberechtigte seiner Verpflichtung zur Briefweitergabe nicht, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1666 BGB ausnahmsweise durch gerichtliche Entscheidung das Kontrollrecht auf einen Dritten – etwa das Jugendamt – übertragen werden. Ist ausnahmsweise eine Überwachung und Kontrolle des Briefverkehrs geboten, so ist diese mit zunehmendem Alter des Kindes zu reduzieren.

[361] KG FamRZ 2006, 878.
[362] OLG Köln FamRZ 2000, 1109; OLG München FamRZ 1998, 976.
[363] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 5.12.2012 – 9 UF 391/12 (n.v.), im entschiedenen Fall wurde das Kind sogar zu dessen Tötung aufgefordert.
[364] OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2014 – 4 UF 355/13, juris; Palandt/Götz, § 1684 Rn 18; KG FamRZ 2006, 878.
[365] BT-Drucks 13/4899, S. 105.
[366] OLG Hamm FamRZ 2003, 951.
[367] OLG Brandenburg FamRZ 2014, 1124; OLG Nürnberg FamRZ 2014, 858.
[368] AG Zossen DAVorm 1999, 143.
[369] Zum Briefgeheimnis bei Kindern, wenn die Inhalte der Briefe möglicherweise das Wohl des Kindes beeinträchtigen können, siehe DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2014, 261.

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