Rz. 58

Ein knappes Jahr später hat das Bundesverfassungsgericht dann verdeutlicht, was es eigentlich erwartet, nämlich die Befolgung des Richtervorbehaltes: ""Haben die Ermittlungsbehörden den zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichter durch Antragstellung mit der Sache befasst haben, endet ihre Eilzuständigkeit.""[47] Daraus folgt, dass die Verfolgungsbehörden nicht von sich aus ihre Zuständigkeit wieder selbst begründen können. Sobald Ermittlungsbehörden den zuständigen Ermittlungsrichter angerufen haben – dies ist mit der ersten Sachprüfung des Richters geschehen –, ist selbst bei Gefahr eines Beweismittelverlusts, weil der Richter schriftliche Antragsunterlagen oder eine Ermittlungsakte anfordert, Nachermittlungen anordnet oder einfach noch nicht entschieden hat, die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden beendet.

Denn mit seiner Befassung ist es die Aufgabe des Richters, den durch Art. 13 Abs. 2 GG geforderten präventiven Grundrechtsschutz unter Beachtung des Verfassungsgebots effektiver Strafverfolgung zu gewähren.

Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn der zuständige Richter unerreichbar ist oder neue Umstände vorliegen, die sich allerdings nicht aus den bereits vorliegenden Tatsachen begründen dürfen.

Nur falls der zuständige Richter und sein Vertreter – trotz eines ernsthaften Bemühens – nicht erreicht werden können und daher ein Beweismittelverlust bevorstehen könnte, kommt ein Rückgriff auf die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden in Betracht. Die sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Dokumentationspflichten erfassen in diesem Fall auch die Darlegung der durchgeführten Kontaktversuche mit dem zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichter und dessen Vertreter.[48]

Die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden kann nur dann neu begründet werden, wenn nach der Befassung des Richters tatsächliche Umstände eintreten oder bekannt werden, die sich nicht aus dem Prozess der Prüfung und Entscheidung über diesen Antrag ergeben, und hierdurch die Gefahr eines Beweismittelverlusts in einer Weise begründet wird, die der Möglichkeit einer rechtzeitigen richterlichen Entscheidung entgegensteht. Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt ebenfalls, dass die Dokumentationspflichten erfüllt werden, die eine gerichtliche Überprüfung des Vorliegens eines Eilfalles ermöglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich aus Art. 13 GG die Verpflichtung des Staates ergibt, eine effektive Durchsetzung des grundrechtssichernden Richtervorbehalts zu gewährleisten und auf die Ausgestaltung der justizinternen Organisation die Eilzuständigkeit der Ermittlungsbehörden nicht gestützt werden kann.[49]

[47] BVerfG, Pressemitteilung Nr. 54/2015 vom 15.7.2015.
[48] Vgl. BVerfG, Pressemitteilung Nr. 54/2015 vom 15.7.2015.
[49] Vgl. BVerfG, Pressemitteilung Nr. 54/2015 vom 15.7.2015.

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