Rz. 453

Der Gesetzgeber hat den Begriff des Familienangehörigen weder in § 116 SGB X noch in § 67 VVG a.F. definiert. Auch ansonsten verwendet das Recht[356] den Begriff des "Familienangehörigen" (teilweise wechselnd, aber auch nebeneinander z.B. mit "Angehöriger seines Haushaltes", "naher Angehöriger"), ohne dass sich ein allgemeingültiger einheitlicher Begriffsinhalt aus diesen vereinzelten Vorschriften ableiten ließe. Der jeweilige Inhalt erschließt sich erst durch Auslegung; der Regelungsinhalt ist für jede Bestimmung mit Blick auf ihren Sinn und Zweck gesondert festzustellen.[357]

 

Rz. 454

Da es nicht auf das Bestehen einer gesetzlichen familienrechtlichen Unterhaltspflicht[358] oder einer Gegenseitigkeitsbeziehung ankommt (z.B. Geschwister oder Stiefkind), ist es problemlos möglich, im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung[359] den Schutz des Privilegs auch auf solche Personen zu erstrecken, die in einer vergleichbaren engen persönlichen und wirtschaftlichen Beziehung zueinander stehen.

 

Rz. 455

Der BGH[360] hatte in seiner sog. Italiener-Entscheidung bereits vor Jahren hervorgehoben, dass der Begriff des "Familienangehörigen" eben "nicht auf Eheleute, Verwandte oder Verschwägerte im Rechtssinn beschränkt" ist, sondern auch solche "Personen umfasse, die ohne eine familienrechtliche Verbindung, sei es aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder auch rein tatsächlich, mit anderen in einer Weise zusammenleben, die einem Familienverband ähnlich ist und daher wegen der damit verbundenen wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit den Schutz des Privilegs erfordern".

[356] Z.B. Art 104 GG, §§ 530 I, 554 II, 563 II, 573 II Nr. 2, 574 I, 575 I Nr. 1, 577 I, 1579 Nr. 2, 1611 I, 1847, 1969 I BGB, § 11 I Nr. 1 StGB, § 15 II AO, § 20 V VwVfG, §§ 70, 87 SGB XII.
[357] BGH v. 1.12.1987 – VI ZR 50/87 – BGHZ 102, 257 = BKK 1988, 329 = DAR 1988, 130 (Anm. Schirmer DAR 1988, 289) = DB 1988, 960 = EWiR 1988, 503 (Anm. Plagemann) = FamRZ 1988, 392 = JuS 1988, 663 (Anm. Ruland) = MDR 1988, 399 = NJW 1988, 1091 (Anm. Striewe) = NJW-RR 1988, 538 = NZV 1988, 141 = r+s 1988, 76 = VersR 1988, 253 = VRS 74, 338 = zfs 1988, 136; OLG Köln v. 9.5.2012 – I-16 U 48/11 – FamFR 2012, 360 (Anm. Grziwotz) = jurisPR-VerkR 19/2012, Anm. 1 (Anm. Lang) = NJW-Spezial 2012, 395 = SP 2012, 287 (Vorinstanz zu BGH v. 5.2.2013 – VI ZR 274/12 – VersR 2013, 520); OLG Stuttgart v. 13.8.1992 – 11 U 36/92 – NJW 1993, 3208 = NZV 1993, 353 = r+s 1993, 182 = VersR 1993, 724 = zfs 1993, 8 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 9.3.1993 – VI ZR 225/92 –).
[358] BGH v. 15.1.1980 – VI ZR 181/78 – DAR 1980, 213 = MDR 1980, 570 = NJW 1980, 1468 = r+s 1980, 111 = VersR 1980, 526 = VRS 59, 14 = zfs 1980, 242; BGH v. 15.1.1980 – VI ZR 270/78 – FamRZ 1980, 348 = MDR 1980, 481 = r+s 1980, 133 = VersR 1980, 644 = WI 1980, 69 = zfs 1980, 171.
[359] OLG Stuttgart v. 13.8.1992 – 11 U 36/92 – NJW 1993, 3208 = NZV 1993, 353 = r+s 1993, 182 = VersR 1993, 724 = zfs 1993, 8 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 9.3.1993 – VI ZR 225/92 –).
[360] BGH v. 15.1.1980 – VI ZR 181/78 – DAR 1980, 213 = MDR 1980, 570 = NJW 1980, 1468 = r+s 1980, 111 = VersR 1980, 526 = VRS 59, 14 = zfs 1980, 242; OLG Stuttgart v. 13.8.1992 – 11 U 36/92 – NJW 1993, 3208 = NZV 1993, 353 = r+s 1993, 182 = VersR 1993, 724 = zfs 1993, 8 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 9.3.1993 – VI ZR 225/92 –) (auch gegenüber SHT).

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