a) Verantwortung gegenüber dem eigenen Versicherten

 

Rz. 388

Für Falschbearbeitung von Rentenanträgen, unterlassene Unterstützung,[266] unrichtige Auskünfte,[267] aber auch unzutreffenden Regress nach § 119 SGB X[268] haftet der SVT seinem Versicherten gegenüber aus § 839 BGB bzw. pVV des Sozialleistungsverhältnisses.

[266] BGH v. 22.6.2006 – III ZR 19/05 – juris (Verletzt der Reha-Berater eines RVT seine Verpflichtungen im Rahmen der Bemühungen um einen Arbeitsplatz, kann der Rentenversicherte Schadenersatzansprüche nach § 839 BGB haben).
[267] BGH v. 10.7.2003 – III ZR 155/02 – BB 2003, 2234 = BGHZ 155, 354 = BGHReport 2003, 1066 = DVBl 2004, 43 = EWiR 2003, 917 (nur Ls.) (Anm. Plagemann) = FamRZ 2003, 1382 = MDR 2003, 1416 = NJW 2003, 3049 = VersR 2004, 606 (Vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben); OLG München v. 4.8.2011 – 1 U 5070/10 – JurBüro 2011, 669 = OLGReport Süd 37/2011 Anm. 11 = SuP 2011, 603.
[268] BGH v. 4.7.2013 – III ZR 201/12 – BeckRS 2013, 12249 = BGHZ 197, 375 = DAR 2013, 705 = DÖV 2014, 839 = MDR 2013, 1030 = NJW 2013, 3237 = NZS 2013, 826 (Unterlässt der RVT amtspflichtwidrig, den auf sie gemäß § 119 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch gegen den Ersatzpflichtigen zu verfolgen, kommen Schadenersatzansprüche nach § 839 I 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG in Betracht. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch des allgemeinen Verwaltungsrechts sind keine Rechtsmittel i.S.d. § 839 III BGB.); LG Gera v. 19.6.2008 – 6 O 1457/07 – jurisPR-VerkR 16/2008, Anm. 5 (Anm. Jahnke) = r+s 2008, 400 (Anm. Jahnke).

b) Verantwortung gegenüber dem Schadenersatzpflichtigen

 

Rz. 389

 

Hinweis

Zur Verantwortung siehe auch Kapitel 4 (vgl. § 4 Rn 442 ff., 1620 ff.).

Zum Thema

Jahnke jurisPR-VerkR 2/2010 Anm. 2 (Anm. zu BGH v. 17.11.2009 – VI ZR 58/08 – VersR 2010, 270) m.w.H.

aa) Falsche Maßnahmen

 

Rz. 390

Da nach § 254 BGB die Schadenminderung dem Geschädigten obliegt,[269] hat der Schadenersatzverpflichtete gegenüber dem Drittleistungsträger (z.B. SVT, der eine Rehabilitationsmaßnahme beim Verletzten unterlassen hat) nicht den Einwand des mitwirkenden Verschuldens. Nach § 254 BGB obliegt die Schadenminderung dem Geschädigten.

 

Rz. 391

Die Inanspruchnahme des Ersatzpflichtigen wegen solcher Leistungen, die bei ordnungsgemäß durchgeführten Reha-Maßnahmen nicht angefallen wären, kann jedoch gegen § 242 BGB (Treu und Glauben) verstoßen.[270] Vergrößert ein Drittleistungsträger den Schaden (z.B. durch falsche Maßnahmen wie unbrauchbare oder übertriebene Reha-Maßnahmen), kann der Regressanspruch des SVT zu mindern (u.U. sogar auf Null reduziert) sein.

 

Rz. 392

 

Beispiel 2.29

Hat der Haftpflichtversicherer einen Reha-Dienst mit der Abschätzung des verbliebenen Leistungsvermögens beauftragt und führt der SVT, der seinerseits eine Umschulungsmaßnahme in Betracht zieht, vergleichbare Maßnahmen erneut durch, sind ihm diese Kosten dann nicht mehr zu ersetzen, wenn er auf das vorhandene Zeugnismaterial und Ausbildung/Testung des Reha-Dienstes hätte zurückgreifen können.

Auch die aufgrund der zeitlichen Verzögerung u.U. entstandenen Mehrkosten treffen dann den Drittleistungsträger.

 

Rz. 393

Auch den beamtenrechtlichen Dienstherrn treffen ähnliche Pflichten, insbesondere die Pflicht zu rechtzeitigem Handeln (z.B. Versetzung vom Außendienst in den Innendienst).[271]

 

Rz. 394

 

Beispiel 2.30

Ein Bundeswehroffizier wurde in Spanien verletzt.[272] Er genießt als Soldat freie Heilfürsorge. Da er wegen seiner Verletzungen mit einem Flugzeug nach Deutschland geflogen werden sollte, wurde die Bundeswehr selbst im Rahmen freier Heilfürsorge tätig. Da nach der Dienstvorschrift "vorhandenes Flugmaterial einzusetzen ist", entschied die Einsatzleiterin, dieses auch zu tun. Es wurde daher kein – für die Überführung medizinisch ausreichender – Learjet anderweitig angemietet, sondern das "vorhandene Fluggerät" (konkret ein sog. Lazarettbomber) nach Spanien geschickt. Die Kosten von deutlich über 95.000 DM wurden dem Haftpflichtversicherer in ­Rechnung gestellt, der – zu Recht – nur auf Basis eines DRK-Ambulanzflugdienstes (ca. 20.000 DM wurden als erforderliche Kosten angesehen) abrechnete.

Ergebnis:

Die Gerichte[273] führten u.a. aus:

"Der Geschädigte, der die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, muss sich hierbei in den Grenzen des Angemessenen (“erforderlich’ i.S.d. § 249 BGB) halten, eine Ersatzpflicht besteht nur in diesem Rahmen. Ein freie Heilfürsorge genießender Soldat hat keinen Einfluss auf die Kosten. Nimmt aber der Drittleistungsträger (z.B. Sozialversicherer, Dienstherr), auf den der Ersatzanspruch übergegangen ist, die Schadenbeseitigung selbst in die Hand, ist es seine Aufgabe, sich in den Grenzen des Angemessenen zu halten und unangemessene Kosten zu vermeiden; nur die angemessenen Kosten hat der Schädiger zu erstatten. Das ist für den Fall, dass ein Sozialversicherer als Rechtsnachfolger Schadensminderungspflichten verletzt, vom BGH"[274] so ausdrücklich entschieden (BGH NJW 1981, 1100). Für den Bereich des § 249 BGB muss das erst recht gelten. Die Wehrbereichsverwaltung als Rechtsnachfolger kann daher die Rettungsflugkosten n...

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