Rz. 166

Nach allgemeinen Regeln ist es dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Grundsatz verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit einzelner Klauseln in seinen AGB zu berufen. Hinter diesem Grundsatz steht die Erwägung, dass es der Verwender selbst war, der in Ausübung seiner Gestaltungsmacht bestimmte Regelungen zum Gegenstand des Vertrags gemacht hat. Die gesetzlich vorgesehene Inhaltskontrolle soll den Klauselverwender nicht vor sich selbst bzw. nicht vor der Unwirksamkeit von durch ihn selbst zum Vertragsgegenstand gemachter Klauseln schützen. Daher gilt allgemein der Grundsatz, dass der Klauselverwender eine nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB unwirksame Vertragsbestimmung – wie etwa eine unwirksame Ausschlussfrist im Fall der Geltendmachung von Ansprüchen des Klauselverwenders gegen seinen Vertragspartner – trotzdem gegen sich gelten lassen muss.[337]

Mit Blick auf diese Aussage ist allerdings auf eine jüngere Entscheidung des BAG hinzuweisen, die große Aufmerksamkeit verdient, und in der das Gericht Grenzen des hier nun als "Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit" bezeichneten Prinzips aufgezeigt hat.[338] Zur Prüfung stand hier eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist, die nach ihrem Wortlaut auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung sowie Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung erfasste. Im Gegensatz zur vorhergehenden Rechtsprechung sah das Gericht hierin insbesondere einen Verstoß gegen § 202 BGB, nach dem die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann. Sehr bemerkenswert sind nun die Ausführungen des Gerichts unter Rn 68 ff. der Entscheidung: Das BAG kommt hier im Ergebnis zu dem Befund, dass es der Beklagten als Verwenderin der AGB im konkreten Fall gerade nicht verwehrt ist, sich auf die Unwirksamkeit der Regelung zu berufen. Der Grund hierfür liegt – so das BAG – darin, dass sich die Unwirksamkeit im konkreten Fall gerade nicht (nur) aus den §§ 305 ff. BGB, sondern jedenfalls auch aus einem Verstoß gegen §§ 202, 276 Abs. 3, 134 BGB ergibt. Das BAG weist darauf hin, dass diese Vorschriften – im Gegensatz zu §§ 305 ff. BGB – nicht allein den Schutz des Vertragspartners des Klauselverwenders beabsichtigen, sondern gewisse Haftungsbeschränkungen allgemein verbieten. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Wertung könne sich auch der Klauselverwender auf die Nichtigkeit der Ausschlussfrist berufen. Die Grundsätze der "personalen Teilunwirksamkeit" fänden von vornherein keine Anwendung.

Die Entscheidung zeigt, dass im Einzelfall jedenfalls eine unreflektierte Anwendung des Grundsatzes, dass der Verwender sich nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen AGB berufen kann, zu falschen Ergebnissen führen kann.

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