Rz. 429

Nach der Rechtsprechung des BGH ist in diesem Zusammenhang zwischen dem nationalen und dem internationalen ordre public zu unterscheiden.[165] Der internationale ordre public dürfte aber in familienrechtlichen Streitigkeiten keine wesentliche Rolle spielen.

 

Rz. 430

Der Begriff des nationalen ordre public oder – wie das Gesetz es ausdrückt – der öffentlichen Ordnung ist deckungsgleich mit dem in § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO verwendeten der "wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts“. Ein Schiedsspruch verstößt deshalb gegen den nationalen ordre public, wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Er muss mit den elementaren Grundlagen der deutschen Rechtsordnung unvereinbar sein,[166] und zu einem Ergebnis geführt haben, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.[167] So gehört es zu den wesentlichen Grundsätzen des Rechts, dass niemand in eigener Sache richten darf. Aus diesem Grund darf das Schiedsgericht sein Honorar nicht im Schiedsspruch selbst beziffert festsetzen.[168]"

 

Rz. 431

Außer materiellrechtlichen Normen können auch Verfahrensvorschriften so elementare Bedeutung erlangt haben, dass sie dem verfahrensrechtlichen ordre public zuzurechnen sind. Dazu gehört beispielsweise der Anspruch auf rechtliches Gehör, der in Deutschland Verfassungsrang hat. Dasselbe gilt für den Anspruch auf ein faires Verfahren[169] sowie auf Gleichbehandlung.

 

Rz. 432

§ 1042 Abs. 4 ZPO räumt dem Schiedsgericht bei der Bestimmung der Verfahrensregeln freies Ermessen ein. Ein einfacher Ermessensfehlgebrauch oder auch das Nichtgebrauchen des Ermessensspielraums stellt noch keinen Aufhebungsgrund dar. Unterläuft dem Schiedsgericht deshalb ein einfacher Rechtsanwendungsfehler, so stellt dieser noch keinen Verstoß gegen den ordre public dar. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn das Schiedsgericht sein Ermessen missbraucht und damit den Anspruch der Parteien auf ein faires Verfahren verletzt.

 

Rz. 433

 

Beispiele aus der Rechtsprechung

Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung wurde angenommen

bei nicht gehöriger Vertretung der Parteien, die nicht einmal die Namen der Schiedsrichter erfahren haben,[170]
bei Vorliegen eines Restitutionsgrundes im Sinne der §§ 579 ff. ZPO,[171]
bei Verstoß gegen die Bindung an Parteianträge im Sinne § 308 ZPO,[172]
bei Entscheidung über eine Insolvenzforderung, die vorher nach Grund und Höhe zur Insolvenztabelle angemeldet worden ist.[173]

Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung wurde verneint

bei Überschreitung einer für die Absetzung des Schiedsspruchs vereinbarten Frist.[174]
[166] BGH NJW 1990, 3210; Prütting/Gehrlein, § 1059 Rn 53.
[168] BGHZ 193, 38.
[170] OLG Köln ZZP 1991, 318.
[171] BGH NJW 1990, 2199.
[172] OLG Köln SchiedsVZ 2012, 161.
[174] BGHZ 104, 178.

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