Rz. 1412

Die Formulierung der Bezugnahmeklausel unterliegt uneingeschränkt der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB.[3156] Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot ist etwa denkbar, wenn auf fachlich und räumlich nicht einschlägige Tarifverträge verwiesen wird oder – bei inhaltlicher Dynamik – der Verweis auf den geänderten Tarifvertrag nunmehr überraschend ist.[3157] Ein weiteres Beispiel ist die Bezugnahme auf mehrgliedrige Tarifverträge. Aus der Bezugnahmeklausel selbst und den arbeitsvertraglichen Regelungen muss sich eindeutig ergeben, unter welchen Voraussetzungen welcher der genannten Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.[3158] Ansonsten besteht die Gefahr der Intransparenz und damit der Unwirksamkeit der Bezugnahme nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Denn ob trotz des Grundsatzes des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion eine ergänzende Vertragsauslegung möglich ist, ist ungeklärt.[3159] Wegen der ansonsten bestehenden Gefahr einer Irreführung des Arbeitnehmers sollte klargestellt werden, dass die Bezugnahmeklausel nicht gilt, soweit auf das Arbeitsverhältnis Tarifvorschriften aufgrund Tarifgebundenheit und/oder kraft gesetzlicher Anordnung anzuwenden sind.[3160]

[3156] Die Möglichkeit der Kenntnisnahme des in Bezug genommenen Tarifvertrags reicht aus, st. Rspr., jüngst BAG 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, NZA 2007, 1049; krit. aber ErfK/Preis, § 3 NachwG Rn 23 und § 310 BGB Rn 15, 26; auf eine klare, übersichtliche Formulierung ist zu achten, statt vieler Jordan/Bissel, NZA 2010, 71, 72; Schlewing, NZA-Beilage 2012, 33, 39.
[3157] Jacobs/Krause/Oetker, § 6 Rn 223 ff.
[3159] Dafür etwa Witt, NZA 2004, 135, 138; Thüsing/Lambrich, NZA 2002, 1361; Löwisch/Rieble, § 3 TVG Rn 543 ff.; Däubler/Lorenz, § 3 TVG Rn 219.
[3160] Giesen, NZA 2006, 625.

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