Rz. 1442

Die jeweiligen Urheberrechte entstehen automatisch von Gesetzes wegen beim jeweiligen Schöpfer (Urheber ist gem. § 7 UrhG der Schöpfer des Werkes); das heißt beim Arbeitnehmer, der die Arbeitsleistung erbringt.[3246] Der Arbeitgeber muss sich daher vom Arbeitnehmer, um das Werk nutzen zu können, Nutzungsrechte übertragen lassen.[3247] Das Urheberrecht selbst ist gem. § 29 S. 2 UrhG nicht übertragbar.

Die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Einräumung der Nutzungsrechte ergibt sich nach der allgemeinen Zweckübertragungsregel in Verbindung mit §§ 43, 31 Abs. 5 UrhG aus dem Inhalt des ­Arbeitsverhältnisses.[3248] Danach sind dem Arbeitgeber als Dienstherrn die Nutzungsrechte insoweit einzuräumen bzw. im Wege der Vorausverfügung insoweit eingeräumt, wie dieser sie für seine betrieblichen oder dienstlichen Zwecke benötigt.[3249] Maßgeblich sind derjenige Betrieb, in dem der Arbeitnehmer angestellt und für den er tätig ist und der Betriebszweck im Zeitpunkt des Rechteübergangs.[3250]

[3246] Dreier/Schulze/Schulze, § 7 UrhG Rn 3; Wandtke/Bullinger/Thum, § 7 UrhG Rn 6, 9.
[3247] Wandtke/Bullinger/Thum, § 7 UrhG Rn 16.
[3248] BGH 10.5.1984 – I ZR 85/82, GRUR 1985, 129; BAG 13.9.1983 – 3 AZR 371/81, GRUR 1984, 429; BGH 3.3.2005 – I ZR 111/02, GRUR 2005, 860; Schricker/Loewenheim/Rojahn, § 43 UrhG Rn 38; Dreier/Schulze/Schulze, § 43 UrhG Rn 18, 20 ff.; Wandtke/Bullinger/Wandtke, § 43 UrhG Rn 50; Möhring/Nicolini/Lindhorst, § 43 UrhG Rn 16; MünchArbR-Sack, § 100 Rn 38.
[3249] Wandtke/Bullinger/Wandtke, § 43 UrhG Rn 55 ff.
[3250] Dreier/Schulze/Schulze, § 43 UrhG Rn 20; Schricker/Loewenheim/Rojahn, § 43 UrhG Rn 53; aA Wandtke/Bullinger/Wandtke, § 43 UrhG Rn 76.

aa) Bezug des Werks zur Arbeitsaufgabe

 

Rz. 1443

Es besteht Einigkeit, dass Pflichtwerke, die der Arbeitgeber "in Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis" geschaffen hat, der Zweckübertragungsregel unterliegen. Für das Merkmal der "Erfüllung der Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis" kann nicht allein an Ort und Zeit der Tätigkeit angeknüpft werden. Es ist nicht Voraussetzung für die Rechteübertragung, dass die Werke während der Arbeitszeit geschaffen werden. Kreativität ist nicht an Arbeitszeiten gebunden.[3251] Wenn der Arbeitnehmer ein Werk in seiner Freizeit schafft, das dennoch einen Bezug zu seiner Arbeitsleistung hat, unterliegen diese Werke in der Freizeit auch der Übertragung. Maßgeblich sind die betriebliche Funktion des Arbeitnehmers, sein Berufsfeld sowie die Verwendbarkeit des Werkes für den Arbeitgeber. Entscheidend ist der innere Zusammenhang zwischen der arbeitsvertraglichen Verpflichtung und der Werkschöpfung.[3252]

 

Rz. 1444

Dagegen unterliegen freie Werke, die in keinerlei Beziehung zum Arbeitsverhältnis stehen, auch dann nicht der Zweckübertragungstheorie, wenn diese bei Gelegenheit – auch während der Arbeitszeit– geschaffen wurden.[3253] Das vom Arbeitnehmer während der Arbeitszeit verfasste Gedicht wird, wenn es nicht aus besonderen Gründen einer betrieblichen Verwertbarkeit unterliegt, grundsätzlich von der Zweckübertragungslehre nicht erfasst. Der Arbeitnehmer ist zur Einräumung von Nutzungsrechten nicht verpflichtet.

In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob dem Arbeitgeber ein Recht zustehen kann, dass der Arbeitnehmer eine – vergütungspflichtige – Anbietungspflicht hinsichtlich des Werkes hat; aus den gesetzlichen Vorschriften begründen lässt sich eine solche Anbietungspflicht jedoch nur schwer.[3254]

[3251] Wandtke/Bullinger/Wandtke, § 43 UrhG Rn 20; Schricker/Loewenheim/Rojahn, § 43 UrhG Rn 23.
[3252] BGH 24.10.2000 – X ZR 72/98, GRUR 2001, 155; Fromm/Nordemann/Czychowski, § 69b UrhG Rn 7; Loewenheim/Nordemann, § 63 Rn 14.
[3253] BGH 27.9.1990 – I ZR 244/88, GRUR 1991, 523; Wandtke/Bullinger/Wandtke, § 43 UrhG Rn 23, 26.
[3254] Wandtke/Bullinger/Wandtke, Darstellung der hM für eine Anbietungspflicht unter § 43 UrhG Rn 31, ebenso Loewenheim/Nordemann, § 63 Rn 27; gegen eine Anbietungspflicht Wandtke/Bullinger/Wandtke § 43 UrhG unter Rn. 34ff.

bb) Inhalt der Nutzungseinräumung an den Arbeitgeber

 

Rz. 1445

Gemäß § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG kann das Nutzungsrecht als einfaches oder ausschließliches Recht eingeräumt werden. Aus Wettbewerbsgesichtspunkten liegt es im Interesse des Arbeitgebers, dass er die geschaffenen Werke ausschließlich verwerten kann. Der Arbeitgeber erwirbt daher im Zweifel ausschließliche Nutzungsrechte.[3255] Damit erwirbt der Arbeitgeber auch das negative Verbotsrecht und kann Urheberrechtsverletzungen durch Dritte verfolgen.[3256]

[3255] BGH 22.2.1974 – I ZR 128/72, GRUR 1974, 480; Schricker/Loewenheim/Rojahn, § 43 UrhG Rn 51; Wandtke/Bullinger/Wandtke, § 43 UrhG Rn 73.
[3256] Wandtke/Bullinger/Wandtke, § 43 UrhG Rn 74.

cc) Nutzungsarten des Arbeitgebers

 

Rz. 1446

Gemäß § 31 Abs. 5 UrhG bestimmt sich nach dem von den beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten sich die Einräumung eines Nutzungsrechts erstreckt. Hierbei wird urheberfreundlich – und daher arbeitgeberfeindlich – insoweit verfahren, als der Grundsatz gilt, dass der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Rechte überträgt, als es der Zwec...

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