Rz. 1465

Mehrurlaub, der das gesetzlich vorgesehene Mindestmaß an Urlaubstagen übersteigende Urlaub, unterliegt nicht dem Dispositionsverbot des § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG. Die Arbeitsvertragsparteien sind frei, für diesen Urlaubsanteil Regelungen zu vereinbaren, die von den Vorgaben des gesetzlichen Urlaubsrechts abweichen und für den Arbeitnehmer ungünstiger sind. Der vertragliche Urlaubsanspruch kann – in den Grenzen des AGB-Rechts – frei ausgestaltet werden.[3295] Ein Regelungswillen, der zwischen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüchen unterscheidet, muss klar hervortreten (Formulierungsbeispiel 3).[3296]

Es obliegt daher den Arbeitsvertragsparteien, beliebige Voraussetzungen an Entstehung und Verfall von Mehrurlaubsansprüchen zu stellen, solange diese klar und verständlich sind.

Möglich ist die Vereinbarung von kürzeren Verfallfristen für den Mehrurlaub, wenn dieser infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte – hierzu: Formulierungsbeispiel 5 Verfall von Mehrurlaub (siehe unten Rdn 1471). Das bietet sich bei einem nicht unerheblichen vertraglichen Zusatzurlaub an. Andernfalls teilen die vertraglichen Ansprüche das Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs und verfallen bei andauernder Arbeitsunfähigkeit erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.

Hinsichtlich der Frage, ob mit der Urlaubserteilung zunächst der Mindesturlaubsanspruch oder der Mehrurlaub erfüllt wird, gilt Folgendes: Auch wenn eine arbeits- oder tarifvertragliche Regelung eine längere Urlaubsdauer als das BurlG vorsieht, bringt der Arbeitgeber mit der Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung grundsätzlich auch ohne ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung beide Ansprüche zum Erlöschen.[3297] Vertragliche Tilgungsbestimmungen, wonach zunächst der vertragliche Mehrurlaub erfüllt wird, sind deswegen nach dieser Rechtsprechung des BAG nicht mehr möglich.[3298]

Aufgenommen werden sollte aber eine Regelung, die eine Abgeltung von vertraglichem Mehrurlaub ausschließt.[3299] Gestaltbar ist schließlich auch ein Widerruf von Mehrurlaub aus wirtschaftlichen Gründen.[3300]

[3295] EuGH 3.5.2012 – C-337/10, NJW 2012, 2420.
[3296] BAG 4.5 2010 – 9 AZR 183/09, NZA 2010, 1011.
[3299] Siehe: Formulierungsbeispiele (5) Keine Urlaubsabgeltung des Mehrurlaubs, (6) Gewährung von Mehrurlaub während der Kündigungsfrist.
[3300] Siehe: Formulierungsbeispiel (4) Widerrufsvorbehalt für Mehrurlaub.

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