Rz. 46

Eine unerlaubte Handlung liegt nach § 823 Abs. 1 BGB vor, wenn das Leben, der Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht widerrechtlich verletzt worden sind. Als sonstige Rechte sind für den Schutzbereich der VSV Marken, Patent und weitere Unternehmenspersönlichkeitsrechte relevant (vgl. oben Rdn 23). In der Praxis kommt Verstößen gegen § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den einschlägigen Schutzgesetzen, insbesondere den strafrechtlichen Schutzgesetzen, gegenüber der Verletzung der durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter die größere Bedeutung zu. Zu strafrechtlichen Schutzgesetzen zählen etwa § 242 StGB (Diebstahl), § 246 StGB (Unterschlagung), § 253 StGB (Betrug), § 267 StGB (Urkundenfälschung), § 303 StGB (Sachbeschädigung), aber auch § 303a StGB (Datenveränderung) und § 303b StGB (Computersabotage). Börsennotierten Aktiengesellschaften kann zudem ein Schaden durch gezielte Kurs- und Marktmanipulationen – sog. Insiderwissen der Sekundärinsider[62] – entstehen, wobei die hier einschlägigen Tatbestände des § 14 MMVO in erster Linie den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts bezwecken und daher keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB sind. Für das Unternehmen kann sich aber – vorbehaltlich des Ausschlusses gem. § 28 Nr. 5 AVB-VSV/K – insoweit ein Schadenersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 404 Abs. 2 S. 2 AktG (Verletzung der Geheimhaltungspflicht) oder i.V.m. § 17 UWG (Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen) ergeben, die einem möglichen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB durch Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als lex specialis vorgehen. Auch die problematische Fallgruppe der unzulässigen Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern kann u.U. dazu führen, dass die Vertrauensperson (Mitglied der Geschäftsführung oder Arbeitnehmer) ihre dem Unternehmen gegenüber bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und sich damit gem. § 266 StGB wegen Untreue strafbar macht.[63] Bleibt die Tatausführung der Vertrauensperson im Versuchsstadium stecken, wird der hierdurch entstandene Schaden unter der Voraussetzung ersetzt, dass der Versuch gem. § 23 Abs. 1 StGB strafbar ist. Organschaftliche Pflichten gem. § 93 Abs. 1 AktG oder § 43 Abs. 1 GmbHG stellen aber keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar.[64]

[62] Typisches Beispiel ist etwa die Putzfrau, die im Mülleimer des Vorstandsbüros kursmarktrelevante Informationen findet und diese an einen Journalisten weiterverkauft.
[63] Einzelheiten hierzu sind sehr str., weiterführend Bittmann/Mujan, BB 2012, 637.
[64] Vgl. BGH NJW 1979, 1829; 1990, 1725, 1730.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge