Rz. 37

Schadenermittlungskosten sind nach § 7 AVB-VSV/K bzw. § 27 AVB-VSV/P Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer zur Aufklärung des Schadenshergangs, zur Feststellung der Schadenhöhe oder zur Ermittlung des Schadenverursachers getätigt hat, wobei die Ersatzleistung des Versicherers nur erfolgt, sofern ein Schaden i.S.d. § 1 AVB-VSV i.V.m. § 8 AVB-VSV/K bzw. § 28 AVB-VSV/P auch tatsächlich eingetreten ist. Bedingungsgemäß wird zwischen internen und externen Schadenermittlungskosten unterschieden.

 

Rz. 38

Externe Schadenermittlungskosten sind Zahlungen, die der Versicherungsnehmer aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung an außenstehende Dritte – insbesondere Gutachter – leistet, die in das Schadensmanagement eingebunden sind. Die Kosten sind bis zu 20 Prozent der Höhe des für den Verletzungsschaden vom versicherten Unternehmen geleisteten Schadenersatzes vom Versicherer zu entschädigen. Führt bspw. ein verfassungsmäßig berufener Vertreter, der mit dem Inkasso der Gelder der Unternehmenskunden beauftragt ist, einen Schaden i.H.v. 5.000 EUR durch vorsätzliche Falschüberweisungen herbei, haftet der Versicherer für die zur Aufdeckung des Schadens erforderlichen Kosten eines IT-Sachverständigen zur Rekonstruktion des Schadenhergangs zusätzlich bis zur Höhe von 1.000 EUR.

 

Rz. 39

Ob auch die Kosten, die dem geschädigten Dritten im Rahmen der Schadenermittlung entstehen, als mittelbare Fremdschäden vom Versicherungsschutz umfasst sind, ist zweifelhaft. Betrachtet man allerdings die Regelung zur Erstattungsfähigkeit externer Rechtsverfolgungskosten, zu denen expressis verbis auch gegnerische Rechtsanwaltskosten gehören, sind die Schadenermittlungskosten des geschädigten Dritten – als (sonstiger) Dritter i.S.d. § 7 AVB-VSV/K bzw. § 27 AVB-VSV/P – wohl insoweit als ersatzfähig anzusehen, als dass der Versicherungsnehmer nach einer "rechtlichen Verpflichtung" hierfür Schadenersatz geleistet hat.

 

Rz. 40

Zusätzlich zu den externen Schadenermittlungskosten werden auch interne Schadenermittlungskosten bis zur Höhe von 5 Prozent des versicherten Schadens ersetzt, wenn sie für eine Vertrauensperson oder als Sachaufwendungen getätigt wurden und ohne den Versicherungsfall vom Versicherungsnehmer nicht getätigt worden wären. Es handelt sich hierbei um die außergewöhnlichen Sach- und Personalkosten, die dem Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit vorsätzlichen unerlaubten Handlungen der Vertrauenspersonen an eigenen oder an den Rechtsgütern Dritter entstehen. Kosten, die dem Versicherungsnehmer auch ohne den Versicherungsfall entstanden wären ("Sowieso-Kosten"), werden nicht erstattet. Bereits nach den Grundsätzen des allgemeinen Schadensrechts sind Aufwendungen des Geschädigten vor dem Schadensfall (Vorsorge- und Vorhaltekosten) sowie Kosten, die für die organisatorische Bearbeitung des Schadensfalls anfallen (Personal- bzw. Mühewaltungskosten), grds. nicht ersatzfähig, da sie keine kausale Folge des schädigenden Ereignisses darstellen. Hierunter fallen etwa die Personalkosten für die Compliance-Abteilung oder die Anschaffungskosten der Standardsoftware SAP Schadenmanagement (SAP FS-CM). Ersatzfähig sind dagegen die schadensbedingten Kosten für die Überstundenvergütung des Personals und ggf. auch Kosten, die in der Höhe der Auszahlung einer Fangprämie entstehen.[58]

 

Rz. 41

Zu beachten ist, dass Aufwendungen der z.B. für ein versichertes Unternehmen tätigen Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie deren Angestellte, die im Auftrag des versicherten Unternehmens für dieses berufsübliche Dienstleistungen erbringen (§ 14 Nr. 6 AVB-VSV/K bzw. § 34 Nr. 6 AVB-VSV/P), gem. § 7 Abs. 3 AVB-VSV/K bzw. § 27 Abs. 3 AVB-VSV/P nicht als interne Schadenermittlungskosten vom Versicherungsschutz umfasst sind, obgleich diese Personen zum Kreis der Vertrauenspersonen zählen. Fraglich ist, ob die Zahlungen an diese Personen als externe Schadenermittlungskosten ersatzfähig sind. Dafür spricht, dass der Begriff des Dritten nur im Zusammenhang mit Schäden durch Dritte eine Definition erfahren hat. Nach § 5 AVB-VSV/K bzw. § 11 AVB-VSV/P ist Dritter ist jede natürliche und juristische Person, die weder versichertes Unternehmen noch Vertrauensperson, Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Beirat, Gesellschafter oder Treuhänder eines versicherten Unternehmens ist. Bei § 7 AVB-VSV/K bzw. § 27 AVB-VSV/P geht es jedoch um den Ersatz von Schäden, die von Dritten verursacht wurden. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und mit Blick auf die Unklarheitenregel nach § 305c Abs. 2 BGB dürften deshalb alle nach § 7 AVB-VSV/K bzw. § 27 AVB-VSV/P vom Kreis der Vertrauenspersonen ausgeschlossenen Personen als Dritte zu qualifizieren sein.

[58] Jedenfalls i.H.v. 25 EUR. Darüber hinaus ist die Bestimmung des angemessenen Verhältnisses zwischen der Fangprämienhöhe und dem Wert der Sache allerdings str., weiterführend MüKo-BGB/Oetker, § 249 Rn 202 f.

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