Rz. 145

Ist die Ehe geschieden, kommt kein Ehegattenpflichtteil mehr in Betracht. Dies gilt wegen der wirksamen Beendigung der Ehe selbst dann, wenn das Erbstatut eine Scheidung nicht kennt (wie z.B. das Recht der Philippinen und des Vatikans, nun nicht mehr aber in Malta und Irland). Ein in einem anderen EU-Mitgliedstaat[88] ergangener Scheidungsspruch ist gem. Art. 14 Abs. 1 der zum 1.3.2001 in Kraft getretenen "Europäischen Verordnung über die Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten" vom 29.5.2000 (Brüssel IIa-VO)[89] im Inland ipso iure wirksam.[90]

In Dänermark und übrigen Ausland ergangene Scheidungsurteile sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 109 FamFG anzuerkennen. Dabei hängt die Anerkennung im Wesentlichen von verfahrensrechtlichen Voraussetzungen ab. Gleichgültig ist, ob das Scheidungsgericht das aus deutscher Sicht anwendbare Recht oder das eines anderen Staates angewandt hat. Ist einer der Eheleute Deutscher oder sind nicht beide Eheleute Angehörige des Urteilsstaates, kann die Scheidung der Ehe in Deutschland im erbrechtlichen Verfahren, auch in Nachlasssachen, erst nach Anerkennung durch die Justizverwaltung gem. § 107 FamFG geltend gemacht werden – es sei denn, die Scheidung wurde in einem anderen Mitgliedstaat der EU getroffen, so dass sich die automatische Anerkennung aus der Brüssel IIa-VO ergibt.[91] Ein Nachlassverfahren wäre also ggf. auszusetzen.

 

Rz. 146

Nachdem mittlerweile in einigen europäischen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Scheidung ohne gerichtliches Urteil oder behördliche Entscheidung geschaffen wurde (notarielle Scheidung z.B. in Italien und Spanien), stellt sich nun die Frage, ob die Wirksamkeit einer solchen Scheidung nach der Rom III-VO zu beurteilen ist. Folge wäre, dass die Scheidung nur dann wirksam ist, wenn nach den Regelungen der Rom III-VO auf die Scheidung das Recht eines Staates anzuwenden ist, das eine Scheidung durch notariell beurkundete Vereinbarung als wirksam anerkennt. Die mittlerweile wohl überwiegende Ansicht in Deutschland und auch in anderen Staaten der EU dagegen will die Brüssel IIa-VO entsprechend anwenden. Es gelten dann die Regeln über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen, so dass eine inhaltliche Prüfung nicht erfolgen darf (Verbot der revision au fonds).[92]

[88] Ausgenommen ist allein Dänemark, Art. 1 Abs. 3 Brüssel IIa-VO.
[89] Auch als "EheGVO" bezeichnet, ABl EG L 160 v. 30.6.2000, S. 19; Zöller/Geimer, ZPO, Anh. II.
[90] Hierzu Zöller/Geimer, ZPO, Anh. I Art. 14 Rn 1; Kohler, NJW 2001, 15; Schack, RabelsZ 65 (2001) 615; Wagner, IPRax 2001, 73; Helms, FamRZ 2001, 257.
[91] BGH NJW 1983, 515.
[92] Ausführlich Gruber, IPRax 2012, 381; Hausmann, Internationales und Europäisches Ehescheidungsrecht, 2013, Rn A 237.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge