Rz. 43

Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung der FE aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO.

 

Rz. 44

Die Fahrerlaubnisbehörde kann unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO neben der Entziehung der FE dann aber zugleich deren sofortige Vollziehung anordnen, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO.

 

Rz. 45

Dies setzt voraus:

sofortige Vollziehung der FE-Entziehung muss im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegen;

besondere Anordnung durch die Behörde,

die die Entziehung der FE ausgesprochen hat oder
die über den Widerspruch zu entscheiden hat;
das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der FE ist dann grundsätzlich auch schriftlich zu begründen, § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO.
 

Rz. 46

Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der FE-Entziehung muss hier ein über die Gründe des Verwaltungsaktes (Entziehung der FE) hinausgehendes weiteres Vollziehungsinteresse vorliegen, das in der Begründung auch vorgetragen wird.

 

Rz. 47

Zur ausreichenden Begründung i.S.d. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO reichen nicht:

die Wiederholung des Wortlauts des § 80 Abs. 2 S. 1 VwGO[36]
lediglich formelhafte, formularmäßige oder pauschale Begründung[37]
der schlichte Hinweis darauf, dass die Anordnung offensichtlich rechtmäßig sei.[38]
 

Rz. 48

Das Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO hat zunächst den Zweck, die Behörde anzuhalten, sich den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung deutlich zu machen. Des Weiteren soll die Behörde dadurch zu einer sorgfältigen Prüfung des Sofortvollzugsinteresses veranlasst werden. Schließlich soll der Betroffene durch die Begründung in die Lage versetzt werden, die maßgeblichen Gründe für die Vollziehungsanordnung zur Kenntnis nehmen zu können.[39] Letzteres soll auch der Einschätzung der Erfolgsaussicht eines Rechtsbehelfs dienen.

 

Rz. 49

Demzufolge muss aus der Begründung nachvollziehbar zum Ausdruck kommen, aufgrund welcher Erwägungen im konkreten Fall das besondere Vollziehungsinteresse angenommen wird.[40]

 

Rz. 50

Notwendig ist damit grundsätzlich eine einzelfallbezogene Begründung, wobei sich in den gerade immer wieder vorkommenden Fällen mit einer typischen Interessen- und Sachlage die Begründung auch darauf beschränken kann, die für diese Fallgruppe typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese typische Interessenlage im Fall auch vorliegt.[41]

 

Rz. 51

Die in der Vollziehbarkeitsanordnung anzusprechenden Dringlichkeitsgründe können sich allerdings im Einzelfall bereits aus dem Interesse zum Erlass des in Rede stehenden Verwaltungsaktes ergeben, wenn die Erlassgründe identisch mit den Gründen zur Anordnung der sofortigen Vollziehung sind. Dies ist dann anzunehmen, wenn die den Verwaltungsakt tragenden Gründe zugleich auch die Dringlichkeit von dessen Vollziehung belegen.[42] Die "normalen Erlassgründe" reichen aber nicht aus, da diese dem Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung nicht gerecht werden.

 

Rz. 52

Reichen die den Verwaltungsakt tragenden Gründe aber aus, so kann die Behörde im Rahmen der Begründung der Vollziehungsanordnung hierauf Bezug nehmen, wenn sie hinreichend deutlich macht, dass sie diese Gründe als maßgebend auch für das Dringlichkeitsinteresse betrachtet.[43]

 

Rz. 53

Eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG ist vor Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht geboten; geboten ist die Anhörung allerdings vor Erlass der Entziehungsverfügung.[44]

 

Rz. 54

Gegen diese Anordnung der sofortigen Vollziehung der FE-Entziehung ist grundsätzlich ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 VwGO möglich. Die in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende gerichtliche Entscheidung ergeht nach ständiger verwaltungsgerichtlicher – verfassungsrechtlich unbedenklicher[45] – Rechtsprechung im Wege einer Interessenabwägung, wobei das Interesse des ASt. an der Anordnung oder der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes abzuwägen sind. Das Gewicht dieser gegenläufigen Interessen wird entweder durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache oder – vor allem wenn die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen erscheinen – durch die voraussichtlichen Folgen des Suspensiveffekts einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits bestimmt. Bei der Abwägung aufgrund summarischer Erfolgsprüfung gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass das Suspensivinteresse des ASt. umso größeres Gewicht hat, je mehr der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg hat. Umgekehrt hat das Vollziehungsinteresse umso mehr Gewicht, je weniger Aussicht auf Erfolg der Rechtsbehelf hat.

 

Rz. 55

Diese nur die gerichtliche Abwägung der gegenläufigen Interessen betreffenden Grundsätze sind jedoch von der auch im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen – vorrangigen Prüfung der Fahr...

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