Rz. 1

§ 51 BRAO normiert die gesetzliche Versicherungspflicht des Anwalts. Die Versicherungspflicht betrifft jeden Rechtsanwalt außer Syndikusanwälte (näher siehe Rdn 4).

 

Rz. 2

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und diese während seiner Zulassung aufrechtzuerhalten. Selbst wenn ein Anwalt den Versicherungsschutz schuldlos verlieren sollte, hat der Widerruf der Zulassung gem. § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO zu erfolgen.[1] Beendigung und Kündigung sowie jede den Versicherungsschutz beeinträchtigende Änderung des Versicherungsvertrages hatte der Versicherer nach § 51 Abs. 6 BRAO ursprünglich der zuständigen Landesjustizverwaltung und der zuständigen Rechtsanwaltskammer unverzüglich mitzuteilen; durch nach § 224a BRAO ermöglichte Rechtsverordnung haben zwischenzeitlich alle Bundesländer das Zulassungs- und auch das Rücknahmeverfahren den Rechtsanwaltskammern übertragen. Kommen die Versicherer den Mitteilungspflichten nicht oder nicht rechtzeitig nach, nehmen sie in Kauf, dass sich die ohnehin gesetzlich bestehende Nachhaftung von einem Monat ggü. geschädigten Dritten entsprechend verlängert, § 117 Abs. 2 VVG. Die Pflichtversicherung, § 113 VVG, soll vorrangig dem Schutz des rechtsuchenden Publikums dienen.[2] Gleichzeitig bewirkt sie aber auch den Schutz des Rechtsanwalts vor Vermögensverlusten, die bei entsprechender Höhe auch seine wirtschaftliche Existenz gefährden können. Dieser Umstand kann Anlass zu Überlegungen sein, ob die Haftpflichtversicherung nicht über die gesetzliche Mindestversicherungssumme von 250.000,00 EUR (§ 51 Abs. 4 BRAO) hinaus abgeschlossen werden sollte (vgl. Rdn 88). Angesichts der vorgeschriebenen Versicherungssummen in anderen Branchen, z.B. für Finanzanlagenvermittler gem. § 9 Abs. 2 FinVermV, ließe sich auch über eine gesetzliche Erhöhung der Mindestversicherungssumme für Rechtsanwälte nachdenken. Die Mindestversicherungssumme gem. § 51 Abs. 4 BRAO ist seit der Einführung der Pflichtversicherung im Jahr 1994 unverändert geblieben.

Die Wahl der richtigen Versicherungssumme hängt natürlich in erster Linie vom Kanzleizuschnitt ab. Wer ständig mit hohen Streitwerten zu tun hat, wird sich durch entsprechende Versicherungssummen absichern. Der Streitwert eines Mandats spiegelt das Risiko aber nicht unbedingt wider. Zinsen, Kosten und nicht zuletzt Inflation können bei einem viele Jahre nach Verstoß aufkommenden Schaden eine wesentliche Rolle spielen. Außerdem muss sich der denkbare Schaden gar nicht am Streitgegenstand orientieren. So kann die Versäumung der Klagefrist gegen eine Kündigung nach § 4 KSchG zu Schadensersatzforderungen i.H.d. nicht mehr zu erlangenden Gehalts für etliche Jahre führen. Fallen einzelne Mandate bzgl. des Haftungsrisikos der Höhe nach aus dem Rahmen, ist grds. auch der Abschluss einer sog. Objektversicherung möglich, die die Haftung aus dem einzelnen Auftrag absichert.

 

Rz. 3

§ 51 Abs. 3 BRAO lässt Ausschlüsse von der Pflichtversicherung zu, wovon in den AVB i.d.R. auch Gebrauch gemacht wird (vgl. Rdn 56 ff.). Danach bleibt der Mandant allein auf die Leistungsfähigkeit des Anwalts verwiesen, wenn dieser einen Schaden durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht, § 51 Abs. 3 Nr. 1 BRAO, § 4 Nr. 5 AVB (vgl. Rdn 70). Ebenso wenig besteht Versicherungsschutz bei Veruntreuung des Anwalts, seines Personals oder seiner Angehörigen, § 4 Nr. 3 i.V.m. Teil 2 A 2.2. AVB.

[1] BGH, 9.5.2018 – AnwZ (Brfg) 43/17, NJOZ 2018, 1218.
[2] BT-Drucks 12/4993, S. 31 zu Nr. 22; Mennemeyer/Hugemann, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 2521 m.w.N.

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