Rz. 147

Für den Eintritt in eine bereits bestehende Gesellschaft bspw. durch Anteilsabtretung oder durch die Aufnahme des Minderjährigen im Wege des Beitritts unter Abschmelzung der Beteiligung der bisherigen Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft gelten bzgl. der Vertretung eines Minderjährigen die bereits dargelegten Grundsätze entsprechend vgl. Rdn 142 ff. Bei sämtlichen erforderlichen Verträgen wird der Minderjährige durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten, sofern das Rechtsgeschäft nicht nur rechtlich vorteilhaft für den Minderjährigen ist. Sind die gesetzlichen Vertreter, d.h. also die Eltern selbst an den Verträgen beteiligt, weil sie z.B. entweder selbst einen Gesellschaftsanteil abtreten oder ihren Kapitalanteil verringern, ist in vielen Fällen wieder ein Ergänzungspfleger erforderlich.

 

Rz. 148

Bei der Beteiligung Minderjähriger an einer Gesellschaf ist zunächst danach zu differenzieren, ob die Zuwendung unentgeltlich oder entgeltlich erfolgte.[253] Erfolgt die Zuwendung an den Minderjährigen entgeltlich, kann dieser unabhängig von seinem Alter nicht selbst handeln, da dieses Rechtsgeschäfts für ihn in jedem Fall rechtlich nachteilig ist. Folglich muss der Minderjährige von seinen Eltern vertreten werden, sofern diese nicht gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 1824 BGB von der Vertretung ausgeschlossen sind. Liegt einer der Ausnahmefälle vor bedarf es gemäß § 1809 BGB der Bestellung eines Ergänzungspflegers.

 

Rz. 149

Die Schenkung eines Komplementäranteils an einer Personengesellschaft ist aufgrund der mit der Gesellschafterstellung verbundenen persönlichen Haftung gemäß § 128 HGB stets rechtlich nachteilig, sodass es der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf. Ob die unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils als lediglich rechtlich vorteilhaft eingeordnet werden kann, ist in Rspr. und Lit. umstritten. Das OLG Oldenburg[254] und das OLG München[255] sind jeweils der Ansicht, dass aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Kommanditisten, die sich als ein "Bündel aus Rechten und Pflichten" darstelle, ein Ergänzungspfleger stets notwendig sei. Das OLG Köln verneint hingegen eine Pflicht zur Mitwirkung eines Ergänzungspflegers, da das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft sei, wenn die persönliche Haftung des Minderjährigen auch dadurch ausgeschlossen werde, dass die Wirksamkeit der Abtretung unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Abtretung in das Handelsregister gestellt sei und hierdurch die Haftung bei Einlagenrückgewähr aus § 172 Abs. 4 HGB ausgeschlossen wird.[256] Angesichts der divergierenden Entscheidungen kann bis zu einer – noch immer ausstehenden – Entscheidung durch den BGH jedoch nur geraten werden, vorab eine Stellungnahme des zuständigen Gerichts einzuholen oder zur Sicherheit sogleich einen Ergänzungspfleger bestellen zu lassen.[257]

 

Rz. 150

Bei der Schenkung und Abtretung eines voll eingezahlten Kapitalgesellschaftsanteils ist die Pflicht zur Bestellung eines Ergänzungspflegers ebenfalls umstritten, wenn nicht bereits ein Elternteil aufgrund eines Insichgeschäftes von der Vertretung ausgeschlossen ist. Nach der herrschenden Literaturmeinung liegt jedoch ein rechtlich nachteiliges Rechtsgeschäft vor, aufgrund der mit der Gesellschafterstellung des Minderjährigen einhergehenden Haftungsrisiken, vgl. §§ 16 Abs. 2, 24, 31 Abs. 3 GmbHG.[258]

 

Rz. 151

Nach bisheriger Rechtslage bestand Einigkeit darüber, dass für den Fall, dass Eltern ihren Gesellschaftsanteil auf mehrere Kinder übertragen möchten, lediglich ein Ergänzungspfleger für sämtliche Kinder zu bestellen ist. In diesem Fall liege kein Interessenkonflikt i.S.d. § 181 BGB vor.[259] Durch die Neueinführung des § 1809 Abs. 1 S. 2 BGB, der unter anderem besagt, dass der Pfleger die Pflicht und das Recht hat, die ihm übertragenen Angelegenheiten im Interesse des Pfleglings zu dessen Wohl zu besorgen, wird nun teilweise gefordert, dass auch in diesem Fall für jedes minderjährige Kind ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist.[260]

[253] Bialluch-von Allwörden, NZG 2022, 791, 794.
[255] OLG München, 6.11.2008 – 31 Wx 76/08, ZEV 2008, 609. Nach der Folgeentscheidung OLG München, 17.6.2010 – 31 Wx 70/10, NZG 2010, 862 kann allerdings zumindest bei einem im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf mehrere Abkömmlinge übertragenen Kommanditanteil der bestellte Ergänzungspfleger sämtliche Beschenkte vertreten.
[257] Werner, ZEV 2021, 618.
[258] Brock, GmbHR 2020, 349, 352 m.w.N.
[259] OLG München, 17.6.2010 – 31 Wx 70/10, NZG 2010, 862; MüKo/Schubert, § 181 BGB Rn 98.
[260] Everts, MittBayNot 2023, 9, 11 und Everts, MittBayNot 2022, 523, 529.

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