Rz. 30

Regelmäßig ist Schmerzensgeld als Einmalbetrag geltend zu machen und somit als Kapitalabfindung zuzuerkennen[123] und umfasst dann sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Beeinträchtigungen. Auch ein Zerlegen des einheitlichen Schmerzensgeldes nach willkürlichen Zeitabschnitten und die gerichtliche Geltendmachung eines derartigen Teilanspruchs sind grundsätzlich unzulässig.[124] Eine dennoch vom Kläger erklärte Begrenzung auf einen Zeitpunkt vor den Schluss der mündlichen Verhandlung ist unbeachtlich.[125] Jedoch kann die Geltendmachung auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt werden, wenn die künftige Beeinträchtigung immaterieller Werte oder die Grundlagen der endgültigen Bemessung noch nicht übersehen werden kann. In diesen Fällen besteht für den Geschädigten die Möglichkeit, für den Zeitabschnitt, der eine Bemessung des Schmerzensgeldes gestattet, auf Leistung und im Übrigen auf Feststellung der Ersatzpflicht des Schädigers zu klagen[126] oder auch alleine Feststellungsklage wegen seines gesamten Schadens zu erheben.[127]

 

Rz. 31

Ausnahmsweise kann auf Antrag des Geschädigten jedoch auch, insbesondere, wenn der Verletzte etwa infolge irreversibler Dauerschäden, anhaltender Schmerzen, dem Verlust von Gliedmaßen oder Entstellungen die Unfallbeeinträchtigungen immer wieder neu schmerzhaft empfinden wird, – in der Regel neben einem Einmalbetrag – auch eine Schmerzensgeldrente verlangt werden,[128] unter Umständen auch, wenn die ungünstige wirtschaftliche Situation des Schädigers eine Streckung der Zahlung nahe legt.[129] Auch eine zeitliche Begrenzung der Schmerzensgeldrente ist dabei rechtlich zulässig, wenn die künftigen Beeinträchtigungen nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt überschaubar sind.[130] Eine zugesprochene Rente kann grundsätzlich über eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO[131] angepasst werden.[132] Allerdings soll nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die erforderliche "wesentliche Änderung der Verhältnisse" nicht schon bei einer Steigerung des Lebenshaltungsindex' von unter 25 % anzunehmen sein; vielmehr soll es darauf ankommen, ob die Rente insgesamt noch die Funktion eines "billigen" Schadensausgleichs erfüllt.[133]

 

Rz. 32

Bei der Bezifferung müssen Kapital- und Rentenbeträge in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen und ist der monatliche Rentenbetrag so zu bemessen, dass er kapitalisiert zusammen mit dem zuerkannten Kapitalbetrag einen Gesamtbetrag ergibt, der in seiner Größenordnung einer allein als Einmalbetrag zuerkannter Summe zumindest annähernd entspricht.[134] In diesem Zusammenhang kommt ein hoher Rentenbetrag in Kombination mit einem niedrigen Kapitalbetrag beispielsweise in Betracht, wenn die Lebenserwartung des Verletzten nicht abschätzbar ist.[135] Ein Rentenzuspruch kommt außerdem in Betracht, wenn – wie gerade auch bei minderjährigen Geschädigten – gewährleistet werden soll, dass diesen auch bei Erreichen der Volljährigkeit überhaupt noch eine Disposition über die Schmerzensgeldleistung möglich bleibt.[136] Eine Schmerzensgeldrente unterliegt richtigerweise ebenso wenig der Besteuerung wie eine als Einmalbetrag zuerkannte Schmerzensgeldzahlung.[137]

[123] BGH, Urt. v. 10.7.2018 – VI ZR 259/15, juris; Huber, JZ 2007, 639; PWW/Luckey, § 253 BGB, Rn 19; Staudinger/Schiemann, § 253, Rn 45.
[124] Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 3.7.1995 – 1 U 134/94, VersR 1996, 984; OLG Oldenburg, Urt. v. 20.10.1987 –12 U 36/87, NJW-RR 1988, 615.
[125] OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.1.1998 – 10 U 207/97, OLGR 1998, 213.
[126] Vgl. auch v. Gerlach, VersR 2000, 525, 530.
[127] OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.10.1970 – 10 U 6/70, VersR 1971, 1068; vgl. auch unten Rdn 50 f.
[128] Vgl. OLG München, Urt. v. 19.5.2017 – 10 U 4256/16, zfs 2017, 673, v.a. Rn 19 ff.; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, Rn 297 ff. m.w.N.; MüKoBGB/Oetker, § 253 BGB, Rn 58 f.; Staudinger/Schiemann, § 253, Rn 45.
[129] Palandt/Grüneberg, § 253 BGB, Rn 21.
[130] BGH, Urt. v. 23.11.1965 – VI ZR 151/64, VersR 1966, 144.
[131] Dazu allgemein § 26 Rdn 162.
[132] Vgl. Diederichsen, VersR 2005, 433, 442.
[133] Vgl. BGH, Urt. v. 15.5.2007 – VI ZR 150/06, NJW 2007, 2475; PWW/Luckey, § 253 BGB, Rn 19 i.V.m. 24.
[135] Etwa ein neugeborenes Kind; vgl. Palandt/Grüneberg, § 253 BGB, Rn 21.
[136] Vgl. Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, Rn 299.
[137] Vgl. dazu MüKoBGB/Oetker, § 253, Rn 64 m.w.N., zu letztgenannter Konstellation vgl. BFHE 78, 32.

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