Rz. 52

Für Klaganträge auf Feststellung, dass die Beklagtenseite (auch künftigen) immateriellen Schaden zu ersetzen habe, besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche, darzulegende Feststellungsinteresse schon dann, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen und damit eine abschließende Bezifferung noch nicht möglich ist,[187] wovon bei Knochenverletzungen regelmäßig auszugehen ist.[188] Eine gewisse Wahrscheinlichkeit ist demgegenüber nicht erforderlich.[189] Ein Feststellungsinteresse entfällt bei nicht auszuschließenden Spät- oder Dauerschäden auch noch nicht durch einen – befristeten – Verzicht des Schädigers oder dessen Versicherung auf die Berufung auf den Eintritt von Verjährung.[190]

 

Rz. 53

Erst Recht mangelt es nicht an einem Feststellungsinteresse, wenn im Rahmen einer Abgeltungs-/Vergleichsvereinbarung bestimmte Ansprüche bzw. Ansprüche wegen bestimmter Beeinträchtigungen lediglich "vorbehalten" bleiben.[191] Das Feststellungsinteresse entfällt hingegen – gegebenenfalls auch noch nachträglich, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung –, wenn die Ersatzpflicht für bereits eingetretene und künftige noch entstehende Schäden dem Grunde nach, ohne sachliche oder zeitliche Einschränkung, unbedingt und unbefristet anerkannt und namentlich uneingeschränkt auf die Einrede der Verjährung verzichtet, das heißt im Ergebnis zum Ausdruck gebracht wird, dass der Erklärung die Wirkung eines rechtskräftigen Anerkenntnisurteils zukommen soll (sog. titelersetzendes Anerkenntnis).[192] Solches kann etwa auch gelten, soweit ein Haftpflichtversicherer gegenüber der geschädigten Person (bzw. deren Rechtsanwalt) erklärt:

Zitat

"Vorbehalten bleiben unfallbedingte immaterielle Schadensersatzansprüche für solche Spätfolgen, mit denen jetzt nicht oder nicht ernstlich zu rechnen ist.[193] Bezüglich dieses Vorbehaltes ist Ihr Mandant so gestellt, als ob ein rechtskräftiges Feststellungsurteil gegen den Versicherungsnehmer bzw. den Haftpflichtversicherer ergangen wäre."

[187] St. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 19.3.1991 – VI ZR 199/90, juris, Rn 10; Urt. v. 20.1.2004 – VI ZR 70/03, NJW 2004, 1243, 1244 m.w.N.; BGH, B. v. 9.1.2007 – VI ZR 133/06, NJW-RR 2007, 601, Rn 13: immaterielle Beeinträchtigungen aufgrund voraussichtlicher weiterer Operationen.
[188] S. BGH, Urt. v. 30.1.1973 – VI ZR 4/72, juris; Urt. v. 16.1.2001 – VI ZR 381/99, juris = NJW 2001, 1431; OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.3.2012 – 7 U 104/11, juris, Rn 32.
[189] Vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2017 – VI ZR 423/16, juris; a.A. (strenger: Wahrscheinlichkeit erforderlich) für materielle Schadensersatzansprüche BGH, Urt. v. 26.7.2018 – I ZR 274/16, juris, LS 1.
[190] Vgl. Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeld, A. Allgemeiner Teil VI 1.
[191] Vgl. dazu OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2012 – 12 U 1178/10, NZV 2012, 233; vgl. auch M. Schah Sedi, zfs 2017, 363.
[193] BGH, VersR 1980, 975.

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