Leitsatz (amtlich)

a) Ein außergerichtliches schriftliches Anerkenntnis lässt das Feststellungsinteresse entfallen, wenn der Erklärende seine Ersatzpflicht für bereits eingetretene und künftige Schäden dem Grunde nach anerkennt und zugleich uneingeschränkt auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Hierbei ist es unerheblich, ob diese Erklärung vor oder nach Rechtshängigkeit abgegeben wird.

b) Ist die Erklärung zweifelhaft oder mehrdeutig, bleibt das Feststellungsinteresse bestehen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 03.03.2005; Aktenzeichen 14 O 458/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 3.3.2005 (14 O 458/04) hinsichtlich der Klageabweisung abgeändert und festgestellt, dass der Beklagte zu 2) gesamtschuldnerisch neben der Beklagten zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger allen aus der am. 7.2004 in S. erlittenen Unfallverletzung resultierenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit nicht ein Forderungsübergang auf einen Sozialleistungsträger erfolgt ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Von den Kosten beider Rechtszüge trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie die Hälfte der Gerichtskosten und der eigenen außergerichtlichen Kosten. Der Beklagte zu 2) trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 32.000 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am .7.2004 in S. ereignet hat.

Der Beklagte zu 2) fuhr mit seinem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Pkw aus einer Parklücke heraus und übersah dabei den Kläger, der sich mit seinem Fahrrad im fließenden Verkehr befand. Der Kläger konnte eine Kollision nur durch eine scharfe Ausweichbewegung vermeiden, bei der er zu Fall kam und sich u.a. eine schwere Kopfverletzung und verschiedene Frakturen zuzog.

Der Unfallhergang, das Alleinverschulden des Beklagten zu 2) und die Haftung der Beklagten dem Grunde nach sind zwischen den Parteien unstreitig.

Vorprozessual forderte der Kläger die Beklagten über seine Prozessbevollmächtigten auf, ihre 100 %-ige Haftung anzuerkennen und den Kläger so zu stellen, wie er im Falle des Erstreitens eines rechtskräftigen Feststellungsurteils stehen würde. Auch auf die letzte diesbezügliche Aufforderung des Klägers vom 21.9.2004 erfolgte indes keine Reaktion. Daraufhin erhob der Kläger eine entsprechende Feststellungsklage. Zudem erhob er Zahlungsklage, mit der er die vorgerichtlich angefallenen Kosten seines Prozessbevollmächtigten anteilsmäßig i.H.v. 1.034,14 EUR geltend machte.

Nach Zustellung der Klage am 15.10.2004 gab die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 25.10.2004 (Bl. 50 d.A.) folgende Erklärung ab:

"Ungeachtet dessen geben wir in Vollmacht für alle Beklagten hiermit ausdrücklich folgende Anerkenntnisse ab:

1. Dem Grunde nach regulieren wir zu 100 %.

2. Wir übernehmen alle materiellen und immateriellen eingetretenen Schäden aus dem gegenständlichen Verkehrsunfall, soweit diese unfallbedingt entstanden sind, gegen Vorlage aller erforderlichen Nachweise zur Höhe der Schäden."

Auf dieses Anerkenntnis beanstandete der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 28.10.2004 (Bl. 14 d.A.), dass das Anerkenntnis "nicht in der gegen die Verjährung sichernden Form" abgegeben worden sei. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben des Klägers gaben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 10.11.2004 (Bl. 45 d.A.) eine erneute Erklärung ab, die wie folgt lautete:

"Wir erklären daher und mit Vollmacht unserer Mandantin, dass diese sich mit Wirkung eines Feststellungsurteils verpflichtet, dem Kläger sämtliche aus der am. 7.2004 in S. erlittenen Unfallverletzung resultierenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind."

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass sein Feststellungsinteresse trotz der beiden Erklärungen vom 25.10.2004 und vom 10.11.2004 nicht weggefallen sei. Die Beklagten hätten die Möglichkeit gehabt, entsprechende Erklärungen vorprozessual abzugeben. Nach Klageerhebung könne der Schädiger das Feststellungsinteresse nicht mehr durch eine außergerichtliche Erklärung beseitigen. Nunmehr habe der Kläger einen Anspruch auf gerichtliche Feststellung. Wenn der Schädiger anerkennen wolle, müsse er dies durch ein prozessuales Anerkenntnis tun.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.034,14 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkte...

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