Rz. 421

Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 MB/KK hat der Versicherungsnehmer die freie Wahl unter den niedergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten.

Niedergelassen i.S.d. § 4 Abs. 2 S. 1 MB/KK ist ein Arzt, der in irgendeiner objektiven, für jedermann erkennbaren Form (z.B. Praxisschild, Zeitungsanzeige) nach außen hin als praktizierend in Erscheinung tritt.

Das Merkmal der Niederlassung i.S.d. § 4 Abs. 2 MB/KK erfordert, dass der Arzt seine Praxis entsprechend den notwendigen personellen, sächlichen und räumlichen Voraussetzungen einrichtet, die es ihm ermöglichen, zu jeder Zeit ärztliche Tätigkeit nach den erkannten Regeln der ärztlichen Kunst auszuüben und er seinen Beruf grundsätzlich oder im Zusammenhang mit dieser Praxis ausübt. In dieser Weise wird auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Klausel verstehen.[256]

Da § 4 Abs. 2 MB/KK keine Leistungseinschränkung enthält, die zu einer unbilligen Benachteiligung führt, liegt kein Verstoß gegen § 307 BGB vor.[257] Sinn und Zweck dieser Beschränkung auf niedergelassene Ärzte besteht darin, zu gewährleisten, dass nur angemessene notwendige Heilbehandlung vorgenommen wird.

 

Rz. 422

Die Approbation ist für Ärzte und Zahnärzte in der Bundesärzteverordnung sowie den jeweiligen Approbationsordnungen und hinsichtlich der Zahnärzte darüber hinaus in den Regelungen des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde und der Prüfungsordnung für Zahnärzte geregelt. Zu beachten ist, dass Aufwendungen für Leistungen eines behandelnden Arztes, der nicht approbiert ist oder dessen Approbation ruht, nicht erstattungspflichtig sind. Im Innenverhältnis Arzt und Patient liegt Nichtigkeit einer etwaigen Vergütungsvereinbarung gem. § 134 BGB vor.

 

Rz. 423

Eine ärztliche Behandlung außerhalb des Fachgebiets des behandelnden Arztes und außerhalb des Orts seiner Niederlassung hat keinen Einfluss auf die Erstattungsfähigkeit der Kosten.[258]

 

Rz. 424

Nach überwiegender Ansicht handelt es sich bei dieser Vorschrift um eine Risikobeschreibung (d.h. eine Beschreibung von Leistungsvoraussetzungen) und nicht um eine verhüllte Obliegenheit. Damit kann der Versicherungsnehmer nicht einwenden, er habe den Arzt schuldlos für einen niedergelassenen Arzt gehalten. Dem Versicherungsnehmer ist daher auch der Nachweis abgeschnitten, es sei gleichwohl der medizinische Standard bei der Behandlung gewährleistet gewesen. Da § 4 Abs. 2 MB/KK eine Leistungsbeschreibung und keine Obliegenheit enthält, ist der Versicherer auch dann leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer unverschuldet einen Arzt auswählt, der die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt.[259] Die in § 4 Abs. 2 MB/KK enthaltene Beschränkung ist wirksam.[260]

 

Rz. 425

Probleme können hier regelmäßig bei der Behandlung durch einen Belegarzt, also einem freiberuflich tätigen Arzt, dem ein Krankenhausträger das Recht eingeräumt hat, seine Patienten in dem Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Räume und Einrichtungen stationär zu behandeln, auftreten, wenn dieser selbst nicht auch niedergelassen ist. Die Einhaltung des geforderten und durch das Niederlassungserfordernis regelmäßig gewährleisteten Qualitätsstandard ist beim Belegarzt durch den Krankenhausträger selbst nicht gewährleistet. In der Regel dürfte der Belegarzt aber auch über eine eigenständige Niederlassung verfügen, so dass dann auch Erstattungspflicht für seine belegärztlichen Leistungen besteht.

 

Rz. 426

Aufgrund des sog. DKD-Urteiles ist seit langem geklärt, dass aufgrund des Schutzzweckes des § 4 Abs. 2 MB/KK angestellte Krankenhausärzte nicht von der Kostenerstattung ausgeschlossen sind, obschon sie selbst das Niederlassungserfordernis nicht erfüllen. Da diese Klinik die Voraussetzungen für die Gewährung von Versicherungsschutz bei stationärer Behandlung erfüllt, entspricht es nicht dem Sinn des § 4 Abs. 2 MB/KK, ambulante Behandlungen in der gleichen Klinik auszuschließen.[261] Wenn eine juristische Person als Klinik ausgestattet ist und die Voraussetzungen für die Gewährung von Versicherungsschutz bei stationärer Behandlungen erfüllt, entspricht es daher nicht dem Sinn des § 4 Abs. 2 MB/KK, ambulante Behandlungen in der gleichen Klinik auszuschließen, wenn sie durch bei ihr lediglich angestellte Ärzte durchgeführt wurden.

Gleiches gilt für medizinische Versorgungszentren (MVZ) i.S.v. § 95 SGB V. Bei erteilter Zulassung bestehen keine Zweifel an der Qualitätssicherung.

 

Rz. 427

Die Behandlung in einer sog. Ärzte-GmbH wirft immer noch Fragen auf. Hierzu wird sowohl die Auffassung vertreten, dass es dem Versicherer freistehe, seine Leistungspflicht zu prüfen oder solche Fälle sogar generell in das Leistungsversprechen zu integrieren; eine Verpflichtung hierzu soll aber nicht bestehen.[262] Demgegenüber wird § 4 Abs. 2 MB/KK in dieser Auslegung nach anderer Auffassung nicht einer Inhaltskontrolle standhalten.[263]

 

Rz. 428

Es sollte danach differenziert werden, welchen Status der behandelnde Arzt innerhalb der juristischen Person einnimmt.

Ist der behandelnde Arzt ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge