Rz. 934

Das BAG hat die Haftung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlasster Tätigkeit nach Grundsätzen zur Haftungserleichterung im Verhältnis zur vertraglichen Haftung nach dem BGB verändert. (BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649; BAG v. 27.9.1994, DB 1994, 2237; Waltermann, RdA 2005, 98). Die Haftungsvoraussetzungen sind wie folgt gestaltet: Der Arbeitgeber hat sich unter analoger Heranziehung des § 254 BGB die Betriebsgefahr seines Unternehmens zurechnen zu lassen. Deswegen haftet der Arbeitnehmer bei vorsätzlicher Schadenszufügung voll (BAG v. 18.6.1970 – 1 AZR 520/69, DB 1970, 1598). Das Verschuldenserfordernis muss sich nach Ansicht des BAG nicht nur auf die Pflichtverletzung, sondern darüber hinaus auf den eingetretenen Schaden in seiner konkreten Höhe beziehen. Einen grob fahrlässig verursachten Schaden des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer auch in aller Regel voll zu tragen (BAG v. 15.11.2001 – 8 AZR 95/01, NZA 2002, 612; BAG v. 12.11.1998, DB 1999, 288; BAG v. 25.9.1997, DB 1998, 476). Aber selbst bei grober Fahrlässigkeit kann es zu einer Haftungserleichterung kommen, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko seiner Tätigkeit stehen würde (BAG v. 12.10.1989 – 8 AZR 276/88, DB 1990, 48). Bei mittlerer Fahrlässigkeit ist der Schaden unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach Billigkeits- und Zumutbarkeitserwägungen quotal zu teilen (BAG v. 16.2.1995 – 8 AZR 493/93, DB 1995, 1179; Waltermann, RdA 2005, 98, 109 f.). Hierzu sind zu zählen der Grad des dem Arbeitnehmer zu Last fallenden Verschuldens, die gefahrgeneigte Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung abdeckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe des Arbeitsentgeltes, in dem möglicherweise eine Risikoprämie enthalten sein kann. Auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers können eine Rolle spielen. Zu denken ist an die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten. Bei leichtester Fahrlässigkeit soll die Haftung des Arbeitnehmers entfallen.

 

Rz. 935

Bei diesen Grundsätzen der Haftungserleichterung für betrieblich veranlasste Tätigkeiten soll es sich nach Ansicht des BAG um einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht handeln. Die Folgen sind klar: Es ist weder individual- noch kollektivvertraglich zuungunsten des Arbeitnehmers abdingbar (BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 91/03, NZA 2004, 649; BAG v. 2.12.1999, NZA 2000, 715). Zu nennen sind hierbei AGB, die bspw. eine Haftung des Arbeitnehmers für jede Fahrlässigkeit oder sogar ohne Rücksicht auf sein Verschulden vorsehen würden. Solche Klauseln sind unwirksam. Wird dagegen für eine haftungsrechtliche Schlechterstellung dem Arbeitnehmer ein besonderer Risikoausgleich gezahlt, soll eine Veränderung der Haftungsgrundsätze möglich sein (Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II H 20 Rn 20). Darüber hinaus gibt es sogar Stimmen, die die richterrechtlichen Haftungsgrundsätze als rein dispositives Recht ansehen (Gotthard, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, Rn 250; Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 1993, 464 f.). Wollte man dieser Auffassung folgen, wären Haftungsverschärfungen zulasten des Arbeitnehmers am Maßstab des § 307 BGB zu kontrollieren.

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