Rz. 282

Soweit die Parteien eines Arbeitsvertrages keine Befristung oder auflösende Bedingung vereinbaren, gilt das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit eingegangen.

 

Rz. 283

Die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist z.B. entscheidend für:

den Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes (sechsmonatige Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG);
den Eintritt des besonderen Kündigungsschutzes für Schwerbehinderte (sechsmonatige Wartefrist des § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX);
die Länge von Kündigungsfristen (vgl. die Staffel des § 622 Abs. 2 BGB und ggf. tarifliche Regelungen);
häufig für den Eintritt tariflicher Unkündbarkeit;
häufig für die Höhe der tariflichen Vergütung und den Umfang sonstiger tariflicher Leistungen;
den erstmaligen Erwerb des vollen Urlaubsanspruches (nach sechs Monaten, § 4 BUrlG);
als Dauer der Betriebszugehörigkeit für den sozialen Besitzstand im Fall der erforderlichen Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen nach § 1 KSchG;
die Unverfallbarkeit der betrieblichen Altersversorgung (fünf Jahre nach § 1b Abs. 1 BetrAVG);
die Wählbarkeit gem. § 8 BetrVG.
 

Rz. 284

Dabei kommt es i.d.R. auf den ununterbrochenen Bestand des Arbeitsverhältnisses an. In einem früheren Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber verbrachte Beschäftigungszeiten bleiben unberücksichtigt. Gerade in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes sind insofern aber Ausnahmen enthalten, die zumindest als "Kann-Bestimmung" eine Anrechnung von Vordienstzeiten bei öffentlichen Arbeitgebern regeln, vgl. z.B. § 16 Abs. 3a TVöD Bund.

 

Rz. 285

Besteht zwischen zwei Arbeitsverhältnissen bei demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang, sind auch die Vordienstzeiten beachtlich (vgl. BAG v. 22.9.2005 – 6 AZR 607/04, BAG v. 20.2.2014 – 2 AZR 859/11). Ob ein solcher enger sachlicher Zusammenhang vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 12/10). Von Bedeutung sind vor allem:

der Anlass der Unterbrechung: Vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber initiiert?
die Dauer der Unterbrechung: Lediglich Unterbrechungen von wenigen Tagen oder Wochen können unschädlich sein. Die Grenze zu einer schädlichen Unterbrechung wird i.d.R. ab einem Unterbrechungszeitraum von drei Wochen gesehen (BAG v. 9.8.2000 – 7 AZR 339/99, n.v.)
die Art der zuvor und der anschließend ausgeübten Tätigkeit des Arbeitnehmers: mehr oder weniger gleiche oder völlig unterschiedliche Arbeitsaufgaben?
 

Rz. 286

Den Arbeitsvertragsparteien ist es wegen § 305 BGB unbenommen, Dienstzeiten aus vorausgegangenen Beschäftigungsverhältnissen auch ohne engen sachlichen Zusammenhang mit diesem auf die Dauer eines laufenden Arbeitsverhältnisses anzurechnen. Es ist nicht einmal erforderlich, dass die früheren Beschäftigungsverhältnisse zwischen ihnen als den jetzigen Parteien selbst bestanden haben.

 

Rz. 287

Regelungen solcher Art finden sich insb. in Sozialplänen für den Fall, dass es zur Übernahme in ein anderes Konzernunternehmen oder zur Wiedereinstellung nach betriebsbedingter Kündigung kommt.

 

Rz. 288

Für den Fall der individualvertraglichen Anrechnung von Vordienstzeiten aus zurückliegenden Arbeitsverträgen ist zu beachten, dass eine solche Vergünstigung nicht zulasten Dritter gehen darf. So kann eine Berücksichtigung entsprechender Zeiten die maßgebliche Dauer der Betriebszugehörigkeit im Rahmen einer Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen nicht beeinflussen. Diese bemisst sich nach dem Zeitraum der tatsächlichen ununterbrochenen Eingliederung in den Betrieb/der Zugehörigkeit zum Unternehmen.

 

Rz. 289

Diejenigen Zeiten, die vor einem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGB liegen, sind ohne Einschränkung und ohne dass es einer entsprechenden Abrede zwischen Arbeitnehmer und Betriebserwerber überhaupt bedürfte, Beschäftigungszeiten auch im Verhältnis zum Betriebserwerber.

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