Rz. 446

Demgegenüber ist eine ausdrückliche Quotelungsregelung erforderlich, um Zeiten der Elternzeit anspruchsschmälernd berücksichtigen zu dürfen, wenn eine Gratifikation mit Mischcharakter vorliegt, die neben der im Bezugszeitraum geleisteten Arbeit auch die erwiesene Betriebstreue belohnen soll. Der Zweck einer Gratifikation oder Sonderzahlung, der bei der Auslegung der konkreten Regelung zu berücksichtigen ist, schafft für sich genommen allein keine Ausschluss- oder Kürzungsmöglichkeiten während der Elternzeit. Daher darf der Arbeitgeber eine Kürzung der Gratifikation für Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis wegen Elternzeit ruht, nur dann vornehmen, wenn dies ausdrücklich durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag vereinbart ist (BAG v. 11.4.2000 – 9 AZR 225/99; BAG v. 12.1.2000 – 10 AZR 840/98; BAG v. 14.8.1996 – 10 AZR 70/96; BAG v. 10.5.1995 – 10 AZR 648/94). Macht eine Gratifikationsregelung den Anspruch lediglich vom ungekündigten rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängig und enthält sie auch keine Bestimmung, dass für Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis ruht, der Anspruch entfällt oder zu kürzen ist, so ist die Gratifikation auch für die Zeit der Elternzeit zu zahlen (BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 35/08; BAG v. 14.8.1996 – 10 AZR 70/96; LAG Saarland v. 22.4.2015 – 2 Sa 103/14).

 

Rz. 447

Regelungen, die Arbeitnehmer vom Anspruch auf eine Sonderzahlung ausnehmen, die sich in der Elternzeit befinden, verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Weder ist ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 GG, gegen § 15 Abs. 4 BEEG oder § 612a BGB anzunehmen (BAG v. 24.10.1990 – 6 AZR 156/89), noch liegt ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 157 AEUV vor (BAG v. 15.4.2003 – 9 AZR 137/02; BAG v. 12.1.2000 – 10 AZR 840/98; BAG v. 6.12.1995 – 10 AZR 198/95; BAG v. 24.5.1995 – 10 AZR 619/94; BAG v. 28.9.1994 – 10 AZR 697/93; BAG v. 24.11.1993 – 10 AZR 704/92).

 

Rz. 448

Bei Sonderzahlungen zur ausschließlichen Honorierung der Betriebstreue ist eine Kürzung unzulässig. Allein maßgeblich ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses. Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses ändert nichts an seinem Bestand (vgl. BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 35/08).

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