Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung eines Weihnachtsgeldes für Zeiten des Erziehungsurlaubs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sieht ein Arbeitsvertrag vor, daß die Zahlung eines Weihnachtsgeldes unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs steht und ein Rechtsanspruch auf das Weihnachtsgeld nicht besteht, so handelt es sich bei dieser Sonderzahlung nicht um einen Teil der im Austauschverhältnis zur Arbeitsleistung stehenden Vergütung. Daher darf der Arbeitgeber eine anteilige Kürzung des Weihnachtsgeldes für Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis wegen Erziehungsurlaubs ruht, nur dann vornehmen, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.

2. Ob die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub den Arbeitgeber zur Ausübung seines vorbehaltenen Widerrufsrechts berechtigt, bleibt unentschieden.

 

Orientierungssatz

Hinweise des Senats: „Fortführung und Ergänzung der Rechtsprechung des Senats in den Urteilen vom 16. März 1994 - 10 AZR 669/92 - AP Nr 162 zu § 611 BGB Gratifikation und vom 19. April 1995 - 10 AZR 49/94 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen.”

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 05.05.1994; Aktenzeichen 5 Sa 64/94)

ArbG Köln (Entscheidung vom 15.09.1993; Aktenzeichen 15 Ca 4415/93)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes.

Die Klägerin war auf Grund eines schriftlichen Anstellungsvertrages vom 1. August 1990 seit dem 1. Oktober 1990 in der Steuerberatersozietät H als „Datenverarbeitungskauffrau/Finanzbuchhalterin” beschäftigt. Ab dem 1. Januar 1993 trat der Beklagte in das mit der zum 31. Dezember 1992 aufgelösten Sozietät bestehende Arbeitsverhältnis der Klägerin als alleiniger Arbeitgeber ein.

Der Anstellungsvertrag vom 1. August 1990 lautet - soweit vorliegend von Interesse:

„§ 5 EntgelteDas monatliche, nachträglich zu zahlende Bruttogehalt beträgt DM 2.900,-

§ 6 Sonstige betriebliche Leistungen2)

1.) Es wird ein Weihnachtsgeld i. Höhe eines 13. Gehalts gezahlt. Für das Jahr 1990 zeitanteilig, brutto somit 725,– DM

2.) Es wird ein steuerfreies Fahrgeld von monatl. DM 60,– gezahlt nach den tariflichen Bestimmungen3) / nach den betrieblichen Vereinbarungen3) / als betriebliche Leistung mit Rechtsanspruch.3)

Ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers dar.3)”

Dem Anstellungsvertrag sind folgende Fußnoten beigefügt:

„…

2) In Betracht kommen Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Fahrgeldderstattung, Essenszuschuß, Ertragsbeteiligung, Altersversorgung, Wohngeld.

3) Nichtzutreffendes streichen.

…”

In § 6 des Anstellungsvertrages sind die unter 1) und 2) getroffenen Vereinbarungen über Weihnachtsgeld und Fahrgeld handschriftlich eingetragen. Im übrigen handelt es sich um einen Formular-Anstellungsvertrag.

Am 14. Februar 1992 wurde die Klägerin von einem Kind entbunden. Im Anschluß an die achtwöchige Schutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz trat sie einen dreijährigen Erziehungsurlaub an. Insgesamt arbeitete sie im Jahre 1992 nur an zwei Tagen in der Steuerberatersozietät.

Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 26. November 1992 die Zahlung des Weihnachtsgeldes für 1992. Daraufhin erklärte sich der Beklagte nur bereit, für die zwei geleisteten Arbeitstage einen anteiligen Betrag von 16,00 DM zu zahlen.

Die Klägerin erklärte sich damit nicht einverstanden und verlangte ein Weihnachtsgeld in Höhe eines vollen Monatsgehaltes in der unstreitigen Höhe von 3.001,50 DM. Sie ist der Meinung, durch das Weihnachtsgeld solle auch erwiesene Betriebstreue belohnt werden, so daß ihr trotz fehlender Arbeitsleistung im Jahre 1992 ein Anspruch auf ein Weihnachtsgeld für dieses Jahr zustehe.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie ein Weihnachtsgeld in Höhe von 3.001,50 DM brutto zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er vertritt die Auffassung, das vertraglich vereinbarte Weihnachtsgeld habe Entgeltcharakter. Mit ihm solle die erbrachte Arbeitsleistung honoriert werden. Da sich das Weihnachtsgeld somit als 13. Monatsgehalt darstelle, sei wegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses der Klägerin während deren Erziehungsurlaubs auch die Verpflichtung zur Zahlung dieser Vergütung suspendiert.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin steht für das Jahr 1992 das geforderte Weihnachtsgeld zu.

I.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin den Anspruch auf ein Weihnachtsgeld mit der Begründung zugesprochen, Voraussetzung für diesen sei lediglich der Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstermin und Fälligkeitszeitpunkt im Jahre 1992.

Trotz des teilweisen Ruhens des Arbeitsverhältnisses auf Grund des Erziehungsurlaubs habe das Arbeitsverhältnis der Klägerin aber während des gesamten Jahres 1992 bestanden. Daß in § 6 des Anstellungsvertrages ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation ausgeschlossen und diese als „freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers” bezeichnet worden sei, führe nicht zu einem Wegfall des Anspruchs der Klägerin, weil ein solcher Widerruf durch den Beklagten im Jahre 1992 nicht erfolgt sei.

Außerdem ergebe die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung, daß es sich bei dem Weihnachtsgeld (auch) um eine zusätzliche Leistung mit besonderer, von der Arbeitsleistung unabhängiger Zweckbestimmung handele.

II.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im wesentlichen zuzustimmen.

Die Klägerin hat für das Jahr 1992 nach § 6 des Anstellungsvertrages vom 1. August 1990 einen Anspruch auf das vertraglich vereinbarte Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts von 3.001,50 DM.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber, der eine Gratifikation zusagt, die Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese haben soll (vgl. BAG Urteil vom 30. März 1994 - 10 AZR 134/93 - AP Nr. 161 zu § 611 BGB Gratifikation).

2. Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, daß es sich bei dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Weihnachtsgeld um eine freiwillige Leistung des Beklagten handelt, auf welche die Klägerin keinen Rechtsanspruch besitzt.

a) Die in § 6 letzter Absatz des Formulararbeitsvertrages vom 1. August 1990 vorgedruckte Formulierung: „Ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers dar”, bezieht sich auf das in § 6 des Arbeitsvertrages unter Ziff. 1 vereinbarte „Weihnachtsgeld”. Daß die Parteien bei ihrer handschriftlich in den Formulararbeitsvertrag eingesetzten Vereinbarung den Begriff „Weihnachtsgeld” und nicht das Wort „Weihnachtsgratifikation” verwendet haben, ist unschädlich.

Dies ergibt eine sachgerechte, am Willen der Vertragspartner orientierte Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB. So werden zum einen im Arbeitsleben die Begriffe „Weihnachtsgeld” und „Weihnachtsgratifikation” häufig im selben Sinne gebraucht. Zum anderen unterscheidet auch der Formulararbeitsvertrag nicht zwischen diesen beiden Begriffen. Die Fußnote zur Überschrift des § 6 „Sonstige betriebliche Leistungen” lautet nämlich: „In Betracht kommen Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld …”, während im letzten Absatz des § 6 des Arbeitsvertrages von „Weihnachtsgratifikation” die Rede ist.

b) Die Vereinbarung über die Weihnachtsgratifikation im letzten Absatz des § 6 des Arbeitsvertrages ist als Spezialregelung zu den im Formulararbeitsvertrag vorgedruckten Formulierungen zu betrachten, die sich darauf beziehen, ob die „Sonstigen betrieblichen Leistungen” im Sinne des § 6 des Arbeitsvertrages „nach den tariflichen Bestimmungen”, „nach den betrieblichen Vereinbarungen” oder „als betriebliche Leistung mit Rechtsanspruch” gewährt werden sollen. Da der Formulararbeitsvertrag die Weihnachtsgratifikation als eine unter die „Sonstigen betrieblichen Leistungen” des § 6 des Arbeitsvertrages fallende Leistung des Arbeitgebers ausdrücklich erwähnt, wird klar, daß für diese ausschließlich die im letzten Absatz des § 6 des Arbeitsvertrages vorgesehenen Regelungen gelten sollen, wenn die Arbeitsvertragsparteien sie nicht durch Streichung für nicht anwendbar erklären.

3. Auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe von seinem Widerrufsvorbehalt bezüglich des Weihnachtsgeldes im Jahre 1992 keinen Gebrauch gemacht, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

So hat sich der Beklagte im Rechtsstreit auf einen solchen Widerruf nicht berufen. Auch sein Schreiben ohne Datum, mit dem er das Schreiben der Klägerin vom 26. November 1992 beantwortet hat und in dem er sich wegen der Fehlzeiten der Klägerin im Jahre 1992 lediglich zur Zahlung von 16,00 DM bereit erklärt hat, stellt keinen solchen Widerruf dar. Zwar verweist der Beklagte in seinem Schreiben darauf, daß es sich bei dem Weihnachtsgeld um eine freiwillige Zahlung handelt, jedoch bringt er damit nicht zum Ausdruck, daß er die Weihnachtsgeldzusage insgesamt widerrufen will. Vielmehr macht er durch sein Schreiben lediglich deutlich, daß er die Anspruchsvoraussetzungen für einen Weihnachtsgeldanspruch der Klägerin wegen deren Fehlzeiten im Jahre 1992 im wesentlichen nicht für gegeben hält.

Hinzu kommt, daß der Beklagte nicht vorgetragen hat, daß dieses Schreiben vor der Fälligkeit des Weihnachtsgeldanspruches der Klägerin zugegangen war. Wenn dieses nämlich nicht der Fall gewesen sein sollte, könnte das Schreiben die Wirkung eines Widerrufs der Weihnachtsgeldzusage schon alleine deshalb nicht entfalten, weil ein Widerruf der Zusage nach Fälligkeit des Anspruches nicht mehr möglich wäre.

Nachdem es im Streitfalle somit an einem Widerruf der Weihnachtsgeldzusage fehlt, brauchte nicht entschieden zu werden, ob die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub oder die Nichterbringung der Arbeitsleistung auf Grund der Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes einen Widerruf zuließen.

4. a) Dem Landesarbeitsgericht kann auch darin gefolgt werden, daß es sich bei dem Weihnachtsgeld nicht um einen Vergütungsbestandteil handelt, der in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung (§ 611 Abs. 1 BGB) eingebunden ist und mit dem kein weiterer Zweck verfolgt wird, als die Entlohnung tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung.

Solche Sonderzahlungen werden als Vergütungsbestandteile in den jeweiligen Abrechnungsmonaten verdient, jedoch aufgespart und dann erst am vereinbarten Fälligkeitstermin ausbezahlt. Fehlt es bei einer solchen „arbeitsleistungsbezogenen” Sonderzahlung an einer Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, so entsteht kein Anspruch auf die Sonderzahlung (vgl. BAG Urteil vom 19. April 1995 - 10 AZR 49/94 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Allerdings sind diese „arbeitsleistungsbezogenen” Sonderzahlungen mit reinem Entgeltcharakter auch in den Fällen zu gewähren, in denen dem Arbeitnehmer auf Grund gesetzlicher, tariflicher oder sonstiger Regelungen das Entgelt auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung fortzuzahlen ist, so zum Beispiel im Falle des Urlaubs, der unverschuldeten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit oder des Mutterschutzes (vgl. BAG Urteil vom 19. April 1995, aa0).

b) Das zwischen den Parteien vereinbarte Weihnachtsgeld ist keine „arbeitsleistungsbezogene” Sonderzahlung im oben dargestellten Sinne.

Dieser Sonderzahlung fehlt nämlich das für eine „arbeitsleistungsbezogene” Zahlung typische Synallagma zur geleisteten Arbeit (vgl. BAG Urteil vom 16. März 1994 - 10 AZR 669/92 - AP Nr. 162 zu § 611 BGB Gratifikation).

Voraussetzung dafür, daß sich eine Sonderzahlung ausschließlich als Vergütung für vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit im Sinne des § 611 Abs. 1 2. Halbsatz BGB darstellt, ist, daß der Arbeitnehmer einen unwiderruflichen Rechtsanspruch auf diese Sonderleistung erwirbt, wenn er die als Gegenleistung nach § 611 Abs. 1 1. Halbsatz BGB geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat bzw. wenn er trotz Nichterbringung einen Vergütungsanspruch auf Grund gesetzlicher, tariflicher oder sonstiger Regelungen besitzt.

Hat sich der Arbeitgeber allerdings die Zahlung der Sonderzahlung als freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung vorbehalten, so fehlt es an einem unwiderruflichen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf diese, auch wenn er die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat. Somit liegt in solchen Fällen das für eine „arbeitsleistungsbezogene” Sonderzahlung erforderliche Synallagma zwischen Arbeitsleistung und Arbeitsvergütung nicht vor.

c) Da die Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart haben, daß ein Rechtsanspruch auf das Weihnachtsgeld nicht besteht und daß es sich bei diesem um eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Beklagten handelt, stellt dieses Weihnachtsgeld keine „arbeitsleistungsbezogene” Sonderzahlung dar. Die Vertragsparteien haben allerdings nicht vereinbart, unter welchen Voraussetzungen der Klägerin ein Anspruch auf das Weihnachtsgeld zustehen soll.

aa) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 5. August 1992 (- 10 AZR 88/90 - AP Nr. 143 zu § 611 BGB Gratifikation, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) entschieden, daß eine tarifliche Regelung über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung im einzelnen bestimmen könne, welche Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung sich anspruchsmindernd oder anspruchsausschließend auf die Sonderzahlung auswirken sollen und daß über solche Bestimmungen hinaus der Regelung nicht der Rechtssatz entnommen werden könne, Voraussetzung für den Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung sei auf jeden Fall eine nicht ganz unerhebliche tatsächliche Arbeitsleistung im Bezugszeitraum, auch wenn es Zweck der Sonderzahlung sein sollte, im Bezugszeitraum für den Betrieb geleistete Arbeit zusätzlich zu vergüten. Der Senat hat mit dieser Entscheidung die gegenteilige Rechtsprechung des Fünften und Sechsten Senats ausdrücklich aufgegeben. Er hat in der Folgezeit an der Entscheidung vom 5. August 1992 festgehalten und diese bestätigt, so insbesondere durch Urteil vom 16. März 1994 (aa0).

Nach dieser Rechtsprechung ist es letztlich auch unerheblich, ob mit einer Gratifikation ausschließlich, überwiegend oder auch die für den Betrieb im Bezugszeitraum geleistete Arbeit vergütet werden soll (BAG Urteil vom 16. März 1994, aa0).

bb) Diese für eine tariflich geregelte Sonderzahlung entwickelten Grundsätze sind entsprechend auch auf Sonderzahlungen anzuwenden, deren Leistung der Arbeitgeber einzelvertraglich, gegebenenfalls unter Widerrufsvorbehalt, zugesagt hat.

Ebenso wie den Tarifvertragsparteien ist es auch dem einzelnen Arbeitgeber bekannt, daß die geschuldete Arbeitsleistung regelmäßig nicht der vom Arbeitnehmer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung entspricht, weil dieser auf Grund einer Vielzahl von Möglichkeiten von der Arbeitspflicht befreit sein kann (z. B. Arbeitsunfähigkeit, Mutterschutz, Erziehungsurlaub, Wehr- oder Zivildienst).

Es steht dem Arbeitgeber frei, seine Zusage einer Gratifikation nicht nur unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit, sondern auch unter den Vorbehalt zu stellen, daß der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum Arbeitsleistung in einem bestimmten Umfange erbracht hat. Dies ist im Streitfalle durch den Beklagten aber nicht erfolgt.

cc) Ein solcher Vorbehalt wäre auch grundsätzlich zulässig (vgl. BAG Urteil vom 16. März 1994, aa0).

Daß das Weihnachtsgeld auch als zusätzliche Vergütung für geleistete Dienste gezahlt wird, steht dem nicht entgegen. Alleine die Tatsache, daß Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld auch Entgeltcharakter haben, mit ihnen also im Betrieb geleistete Arbeit vergütet werden soll, rechtfertigt es nicht, sie den oben dargestellten Regelungen zu unterstellen, die für „arbeitsleistungsbezogene” Sonderzahlungen gelten, weil es an dem Synallagma, welches für „arbeitsleistungsbezogene” Sonderzahlungen gilt, fehlt.

Ob sich ein solcher Vorbehalt auch auf Fehlzeiten wegen der Beschäftigungsverbote oder Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes beziehen dürfte, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

5. Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes stellt für einen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld lediglich auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Fälligkeitszeitpunkt ab, ohne den Anspruch auf diese zusätzliche Vergütung an den Umfang der tatsächlichen Arbeitsleistung zu knüpfen. Da das Arbeitsverhältnis während des ganzen Jahres 1992 trotz teilweisen Ruhens während des Erziehungsurlaubs der Klägerin bestanden hat, das Weihnachtsgeld im Laufe des Jahres 1992 fällig geworden ist und der Beklagte seine Zusage vor der Fälligkeit des Weihnachtsgeldes nicht widerrufen hat, hat die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen für das Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes von 3.001,50 DM erfüllt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Freitag, Hauck, Böck, Staedtler, Schlaefke

 

Fundstellen

Haufe-Index 60001

NJW 1996, 276

NJW 1996, 276-278 (LT)

WiB 1996, 27 (L)

ARST 1995, 271-274 (LT1-2)

EEK, III/138 (ST1-4)

NZA 1995, 1096

NZA 1995, 1096-1098 (LT1-2)

AP, Gratifikation (LT1-2)

EzA § 611 BGB, Gratifikation, Prämie Nr 125 (LT1-2)

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