I. Typische Sachverhalte

1. Alternative (1): Effektive Kapitalerhöhung

 

Rz. 227

Die Trakel und Kollegen Taxelex GmbH aus dem Fall D. I (siehe Rdn 80) benötigt Geld für Investitionen und Markterschließung bei Steuerberatern und Rechtsanwälten in Ungarn und Polen. Ihre Gesellschafterin Knall GmbH ist bereit, das Geld zur Verfügung zu stellen, wenn sie entsprechend mehr Gesellschafterrechte bekommt. Sie ist nur kapitalmäßig an der Trakel und Kollegen Taxelex GmbH beteiligt. Es gibt bisher und wird in Zukunft keine Geschäfte zwischen ihr und der Trakel und Kollegen Taxelex GmbH geben.

2. Alternative (2): Verdeckte Sacheinlage?

 

Rz. 228

Eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Knall GmbH aus dem Fall D I (siehe Rdn 80), die Taxdevelop GmbH, hat für die Taxelex GmbH die Markterschließung in Ungarn vorbereitet und die Rechnung für die erbrachten Leistungen über 200.000 EUR bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres gestundet. Die Knall GmbH ist aufgrund der Berichte der Taxdevelop GmbH davon überzeugt, dass Ungarn "die" Geschäftsidee werden kann, und möchte sich an der Taxelex GmbH durch eine Erhöhung der Stammeinlage um 200.000 EUR stärker beteiligen. Die Knall GmbH erwartet, dass Taxelex GmbH mit den 200.000 EUR die Verbindlichkeit von Taxdevelop GmbH begleichen wird. Absprachen hierüber bestehen nicht.

3. Alternative (3): Hin- und Herzahlen

 

Rz. 229

In der Alternative (1) bestehen noch keine Pläne, was mit dem Geld der Kapitalerhöhung gemacht werden soll. Den Gesellschaftern erscheint es aber gut, aus optischen Gründen einen erhöhten Betrag des Stammkapitals auszuweisen, da dies auch Konkurrenten tun. Bis das Geld gebraucht wird, soll es bei der Knall GmbH geparkt werden, die über jeden wirtschaftlichen Zweifel erhaben ist.

4. Alternative (4): Genehmigtes Kapital

 

Rz. 230

Im Fall D I (siehe Rdn 80) läuft das Geschäft der GmbH sehr gut. Sie möchte nun auch in Indien expandieren. Der Geschäftsführer Trakel hat gute Kontakte zu finanzkräftigen Investoren aufgebaut, die bereit sind, sich am Stammkapital zu beteiligen und wichtig für den Geschäftsaufbau in Indien sind. Herr Trakel hat mit ihnen erfolgversprechende Gespräche geführt. Seine Gesprächspartner haben ihm signalisiert, wenn sie sich beteiligen sollten, müsse alles "sofort" unter Dach und Fach sein, sie wollten nicht abwarten, ob sich die vier Co-Gesellschafter die Sache noch anders überlegen. Sie hätten gehört, dass große deutsche Aktiengesellschaften von jetzt auf jetzt gleich Milliardenbeteiligungen einwerben und nicht durch die lästigen Minderheitsaktionäre daran gehindert würden. Das müsste doch auch bei der GmbH gehen.

5. Alternative (5): Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln

 

Rz. 231

Die Jungunternehmer Felix und Justus aus dem Fall E I (siehe Rdn 85) sind groß ins Geschäft gekommen. Sie haben schon erhebliche Rücklagen gebildet. Sie empfinden es allerdings als einen diskriminierenden Makel, dass sie in der Firma ihres Unternehmens den Zusatz "haftungsbeschränkt" führen müssen. Sie möchten außerdem auch die Fessel los sein, ständig ein Viertel ihres Gewinns in eine gesetzliche Rücklage einstellen zu müssen.

6. Alternative (6): Kapitalherabsetzung

 

Rz. 232

Bei der Trakel und Kollegen Taxelex GmbH aus dem Fall D I (siehe Rdn 80) ist durch die Markterschließung in Ungarn und die passivierten Verbindlichkeiten eine Unterbilanz entstanden in Höhe von 200.000 EUR. Die Gesellschafter möchten das Stammkapital nicht wieder auffüllen, sondern die nominellen Kapitalverhältnisse ändern.

II. Rechtliche Grundlagen

1. Effektive Kapitalerhöhung

 

Rz. 233

Die Kapitalerhöhung dient der Zufuhr neuer Eigenmittel in das Vermögen der GmbH von außen. Man verwendet daher auch den Begriff "effektive Kapitalerhöhung". Daneben gibt es die nominelle Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gem. §§ 57c57o GmbHG (vgl. Rdn 262) sowie genehmigtes Kapital (vgl. Rdn 230 ff.). Die bedingte Kapitalerhöhung entsprechend §§ 192 ff. AktG sieht das GmbHG nicht vor (zu Gestaltungsmöglichkeiten vgl. Rdn 234).[886]

Die Kapitalerhöhung ist stets Satzungsänderung. Daher sind neben den Spezialvorschriften über die Erhöhung (§§ 55 bis 57b GmbHG) auch die §§ 53, 54 GmbHG über die Satzungsänderung zu beachten (vgl. Rdn 216 ff.).

[886] Möglich ist aber Gestaltung, Maximalbetrag der Kapitalerhöhung festzulegen und endgültigen Betrag der Erhöhung an die tatsächliche Übernahme neuer Geschäftsaneile/des Erhöhungsbetrages zu koppeln, vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Fastrich, § 55 Rn 11.

a) Kapitalerhöhungsbeschluss

 

Rz. 234

Die Kapitalerhöhung bedarf eines satzungsändernden Beschlusses der Gesellschafter. Er muss die Höhe der Kapitalveränderung und des neuen Stammkapitals festlegen sowie die Satzung ändern. Möglich ist die Setzung eines Rahmens der Kapitalerhöhung (z.B. "mindestens 20.000 EUR und höchstens 50.000 EUR"), dessen Ausfüllung insb. von der Bereitschaft zur Zeichnung des erhöhten Kapitals abhängt.[887] Der Erhöhungsbeschluss formuliert nicht mehr als einen Wunsch der Gesellschaft,[888] ihr Kapital zu erhöhen. Er begründet keine Pflicht zur Leistung von Einlagen. Gem. § 14 S. 3 GmbHG "bestimmt sich die Höhe der zu leistenden Einlage nach dem in der Übernahmeerklärung festgesetzten Nennbetrag des Geschäftsanteils". Neben dem Betrag der nominellen Erhöhung ist ggf. ein (auch statutarisch festsetzbares, vgl. Rdn 14, 34) Agio zu zahlen. Die Rspr. hält bei der Kapitalerhöhung gegen Ein...

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