Rz. 255

Die Regelung (vgl. Rdn 250) stellt auf eine bilanzielle Betrachtungsweise ab. Die Verwendungsabrede soll bei einem vollwertigen Rückzahlungsanspruch der Einlagenbewirkung nicht entgegenstehen. Das zielt erklärtermaßen auf Fälle, in denen die GmbH dem Gesellschafter absprachegemäß eine Geldeinlage im Wege eines Darlehens wieder auszahlt, insb. im Rahmen eines Cash Pools.[965]

Das Registergericht hat die Vollwertigkeit und Liquidität des Rückgewähranspruchs nach § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG umfassend zu prüfen und kann Nachweise für Liquidität und Vollwertigkeit verlangen.[966] Maßgeblich für die Beurteilung ist die ex ante-Sicht zum Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung an den Gesellschafter.[967] ME verbietet es sich, die durch das MoMiG aufgehobene Rspr. des BGH[968] wieder aufleben zu lassen und strenge Anforderungen an Vollwertigkeit zu stellen (z.B. dass die Kreditwürdigkeit "selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe außerhalb jedes vernünftigen Zweifels" stehen müsse[969]). Zahlt der Gesellschafter die ihm erbrachte Leistung an die GmbH zurück, ist die Einlageschuld ohne Weiteres erfüllt.[970]

Aufgrund des klaren Wortlauts von § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG[971] greifen mE die Regelungen nur bei der Vereinbarung über die Rückgewähr "vor der Einlage"; bei Vereinbarung bei oder nach Leistung ist die Einlage von vornherein wirksam erbracht; daher scheidet § 19 Abs. 5 GmbHG analog anzuwenden aus.[972] Da § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG ausdrücklich eine Vereinbarung zwischen GmbH und Gesellschafter verlangt,[973] verbieten sich Vermutungen entsprechend der überkommenen Rspr.[974] Die Ausnahme vom Erfordernis der Absprache bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer gilt entsprechend wie bei der verdeckten Sacheinlage (vgl. Rdn 254). Die Beweislast für die Vereinbarung trägt nach allgemeinen Grundsätzen die GmbH.

Es soll ein Alles- oder Nichts-Prinzip gelten; der Gesetzeswortlaut gebe nämlich vor, dass die Rückzahlung den Gesellschafter von seiner Verpflichtung nur befreit, "wenn" der Rückgewähranspruch besteht, anderenfalls sei die Einlage vollständig nicht erbracht; eine Anrechnung mit dem geringeren Wert entsprechend § 19 Abs. 4 S. 3 GmbHG komme nicht in Betracht.[975]

Die Verletzung der Angabepflicht nach § 19 Abs. 5 S. 2 GmbHG bei der Anmeldung steht – entgegen dem BGH[976] – der Befreiung von der Einlageverpflichtung nicht entgegen: Denn sie dient nur der gerichtlichen Prüfung (vgl. Rdn 252). Die Erfüllungswirkung tritt aber schon dann ein, wenn die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG erfüllt sind. Daher kann die Verletzung der Angabepflicht der Erfüllungswirkung nicht entgegenstehen.

Wie Hin- und Herzahlen ist das Her- und Hinzahlen zu behandeln.[977]

Nach allgemeinen Grundsätzen kann es eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers begründen, bei anfangs vollwertigem Rückgewähranspruch, der sich entwertet, die Forderung stehen zu lassen und nicht einzutreiben.[978] Da das Hin- und Herzahlen der Erfüllung der Einlageforderung nicht entgegensteht, gilt das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 GmbHG nicht für die an der Stelle der Einlageforderung tretende Darlehensforderung.[979]

[965] Regierungsbegründung zu § 8 Abs. 2 S. 2 RegE (der im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens in § 19 Abs. 5 verschoben wurde), BT-Drucks 16/9737 (elektr. Fass.), S. 82 f.: Dort wird mit Recht argumentiert, die vorherige Rspr. (vgl. in Rdn 289 die Fn zum Punkt "Verdeckte Gewinnausschüttungen"), die darin einen Verstoß gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften gesehen habe, habe zu Rechtsunsicherheit und Einschränkung wirtschaftlicher Betätigung geführt, die beseitigt werden sollten; das hebt ab auf BGHZ 157, 72, 77 – Novemberurteil, später aufgegeben auch für Altfälle BGHZ 179, 71 – MPS.
[967] Hirte, ZInsO 2008, 689, 691; Bormann, GmbHR 2007, 897, 902; Kallmeyer, DB 2007, 2755; Gehrlein, Konzern 2007, 771, 782.
[968] BGHZ 157, 72, 77.
[969] So aber die Erwartung an die Rspr. von Gehrlein/Witt, 6. Kap. Rn 18.
[970] Regierungsentwurf 16/9140, S. 82.
[971] "Ist vor der Einlage eine Leistung an den Gesellschafter vereinbart worden, …".
[972] So aber Wachter, NotBZ 2008, 361, 368; Bormann, GmbHR 2007, 897, 902; Gehrlein, Konzern 2007, 771, 781; Gehrlein/Witt, 6. Kap. Rn 16.
[973] Daher steht eine Vereinbarung zwischen Gesellschaftern mE der ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung nicht entgegen, vgl. Veil, ZIP 2007, 1241, 1242; demgegenüber zum alten Recht Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 5 Rn 43; BGHZ 132, 133.
[974] AA offenbar Maier-Reimer/Wenzel, ZIP 2008, 1449, 1453.
[975] Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 19 Rn 100; Maier-Reimer/Wenzel, ZIP 2008, 1449, 1453; Gesell, BB 2007, 4241, 2247; aA Stellungnahme Bundesrat, BT-Drucks 16/6140 (elektr. Fass.), S. 158 f., der die Ersetzung des Wörtchens "wenn" durch "soweit" verlangte, dagegen Gegenäußerung des Bundesregierung, BT-Drucks 16/6140 (elektr. Fass.), Anlage 3, S. 7 f.; krit. auch Schmidt, GmbHR 2008, 452; Wälzholz, MittBayNot 2008, 425, 431; Wicke/Wicke, § 19 Rn 35.

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