I. Straftat oder Ordnungswidrigkeit innerhalb der Probezeit

 

Rz. 13

Ist gegen den Inhaber einer FE wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen, die nach § 28 Abs. 3 Nr. 1–3 StVG in das Fahreignungsregister einzutragen ist, so hat, auch wenn die Probezeit zwischenzeitlich abgelaufen ist,[7] die Fahrerlaubnisbehörde

seine Teilnahme an einem Aufbauseminar[8] anzuordnen und hierfür eine Frist zu setzen, wenn er eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen im Sinne der Anlage 12 zur FeV begangen hat (§ 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG),
ihn schriftlich zu verwarnen und ihm nahe zu legen, innerhalb von zwei Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen, wenn er nach Teilnahme an einem Aufbauseminar innerhalb der jetzt insgesamt vierjährigen Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen im Sinne der Anlage 12 zur FeV begangen hat (§ 2a Abs. 2 Nr. 2 StVG),
ihm die FE zu entziehen, wenn er nach Ablauf der in § 2a Abs. 2 Nr. 2 StVG genannten Frist innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen im Sinne der Anlage 12 zur FeV begangen hat (§ 2a Abs. 2 Nr. 3 StVG).
[7] Bereits vor der jetzigen Gesetzesänderung wurde in der Rspr. auf diesen Zeitpunkt abgestellt, vgl. NdsOVG, DAR 1993, 308 = zfs 1993, 324 – Ls.
[8] Die früheren Nachschulungskurse heißen jetzt Aufbauseminare. Insoweit kann die frühere zur Nachschulung ergangene Rspr. – jedenfalls soweit nur die Begrifflichkeit ausgetauscht wurde – übernommen werden.

II. Einzelheiten zum mehrstufigen Verfahren

1. § 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG

 

Rz. 14

Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar mit der weiteren Folge der Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre (§ 2a Abs. 2a StVG): Eine vollziehbare Nachschulungsanordnung (jetzt: Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar) wird nicht dadurch erfüllt, dass der FE-Inhaber die FE einer weiteren Klasse (hier: frühere Klasse 3) erwirbt.[9] Wegen der Verschiedenartigkeit von Befähigungsprüfung und Nachschulung stellt die Nachschulungsanordnung auch dann keine nicht mehr erforderliche und daher überflüssige Maßnahme dar, wenn der Teilnehmer zuvor erneut die betreffende FE-Prüfung abgelegt hat.[10] Bleibt der Kraftfahrer Inhaber der FE einer anderen Klasse (hier: frühere Klasse 3), so hat er einer vollziehbaren Nachschulungsanordnung auch dann Folge zu leisten, wenn er auf die zuvor auf Probe erteilte FE der früheren Klasse 1b verzichtet.[11]

 

Rz. 15

Die Anordnung der Nachschulung gemäß § 2a Abs. 2 StVG hat auch dann zu erfolgen, wenn seit der Tat schon eine längere Zeit beanstandungsfreien Fahrens verstrichen ist. Die zeitliche Grenze der Verwertbarkeit dürfte in Anlehnung an die Tilgungsvorschriften im Verkehrszentralregister bzw. ab 1.5.2014 im Fahreignungsregister anzunehmen sein.[12]

 

Rz. 16

Die Fahrerlaubnisbehörde kann gesetzestreues Verhalten und die Fahrleistung nach einem schwerwiegenden Verkehrsverstoß bei ihrer Entscheidung nach § 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG nicht berücksichtigen.[13]

 

Rz. 17

Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen kommt es bei der Pflicht, einen Nachschulungskurs zu absolvieren, nicht an. Insofern gilt Gleiches wie bei allen anderen Maßnahmen, die im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich sind. Das Gesetz mutet einem Kraftfahrer diese Kosten ebenso zu, wie es ihm zumutet, die Kosten zu zahlen, die zum verkehrssicheren Führen des Kfz notwendig sind (vgl. auch oben § 15 Rdn 90 f.).[14]

 

Rz. 18

Missachtet der Betroffene die Aufbauseminar-Anordnung, so ist die FE zu entziehen (§ 2a Abs. 3 StVG). Das ist eine zwingende Rechtsfolge.

[9] BVerwG zfs 1994, 429.
[10] BVerwG zfs 1995, 278.
[11] BVerwG zfs 1995, 398; damit wurde die Revision gegen das Urt. des BayVGH NZV 1994, 127 = zfs 1994, 191 – Ls. zurückgewiesen.
[12] VG Hamburg NZV 1998, 392.
[13] VG Neustadt zfs 2000, 369.
[14] VG Saarland, Beschl. v. 15.10.1998 – 3 F 67/98, zfs 1998, 487 unter Hinweis auf BVerwG NJW 1985, 2490.

2. § 2a Abs. 2 Nr. 2 StVG

 

Rz. 19

Es erfolgt eine schriftliche Verwarnung und zwingend auszusprechende Empfehlung einer verkehrspsychologischen Beratung (innerhalb von zwei Monaten), wenn der Betroffene

nach Teilnahme an einem Aufbauseminar
innerhalb der jetzt vierjährigen Probezeit
eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen

begangen hat.

3. § 2a Abs. 2 Nr. 3 StVG

 

Rz. 20

Die Entziehung der FE setzt voraus:

nach Ablauf der zwei Monate, in denen er die verkehrspsychologische Beratung aufsuchen sollte
innerhalb der Probezeit
Begehen einer weiteren schwerwiegenden oder Begehen zwei weiterer weniger schwerwiegender Zuwiderhandlungen.

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