Rz. 212

Die Verlängerungsgründe sind in § 520 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO normiert. Sie müssen nach § 224 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht werden, wobei die Rechtsprechung eine Glaubhaftmachung auf Anforderung genügen lässt.[328] Die Glaubhaftmachung kann auch im Wege der anwaltlichen Versicherung erfolgen.

[328] Vgl. auch Zöller/Heßler, § 520 ZPO Rn 16.

aa) Einwilligung des Gegners

 

Rz. 213

Liegt eine Einwilligung des Berufungsgegners zur Fristverlängerung vor, bedarf es zur Bewilligung der Fristverlängerung keiner weiteren Gründe.[329] Die Einwilligung des Berufungsbeklagten in die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist muss nicht in Schriftform beigebracht werden. Sie kann vom Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers eingeholt und gegenüber dem Gericht anwaltlich versichert werden.[330]

 

Rz. 214

 

Hinweis

Die Einwilligung sollte frühzeitig eingeholt werden, damit für den Fall der Versagung genügend Zeit vorhanden ist, die Berufungsbegründung notfalls auch innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfrist zu fertigen. Hat der Berufungsbeklagte eine einstweilige Verfügung erwirkt, darf er die Einwilligung im Eigeninteresse nicht erteilen, um die Gefahr einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeit zu meiden.

 

Rz. 215

Eine bewilligte Fristverlängerung ist auch dann wirksam, wenn die erforderliche Einwilligung des Prozessbevollmächtigen des Gegners nicht vorgelegen hat.[331] Ob das auch gilt, wenn der Vorsitzende von dem Rechtsmittelführer bewusst getäuscht worden ist, hat der BGH bislang offengelassen.[332]

 

Rz. 216

 

Hinweis

Der Berufungsgegner kann Missverständnissen entgegenwirken, indem er nach Bewilligung einer ersten Fristverlängerung um einen Monat dem Gericht mitteilt, mit einer weiteren Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht einverstanden zu sein. Das Gericht wird dann regelmäßig Nachfrage halten, wenn dennoch unter Verweis auf eine Einwilligung des Gegners eine nochmalige Verlängerung beantragt wird.

 

Rz. 217

Die Bedeutung dieses Verlängerungstatbestands liegt bei der "zweiten" Fristverlängerung. Die Verlängerung um bis zu einen Monat kann auch ohne Einwilligung des Gegners unter wenig strengen Voraussetzungen (näher Rdn 210 ff.) erreicht werden. Für die "erste" einmonatige Verlängerung sollte daher nicht beim Gegner angefragt werden, um dessen Geduld nicht überzustrapazieren, falls eine weitere Verlängerung erforderlich wird.

 

Rz. 218

 

Hinweis

Der Berufungskläger darf nicht darauf vertrauen, dass ihm ohne Einwilligung des Gegners eine zweite Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist über einen bereits zugebilligten Monat hinaus bewilligt wird.[333]

[329] Vgl. auch Musielak/Voit/Ball, § 520 ZPO Rn 8.

bb) Keine Verzögerung des Rechtsstreits

 

Rz. 219

Ohne Einwilligung des Gegners und ohne Darlegung eines erheblichen Grundes kann der Vorsitzende gem. § 520 Abs. 2 S. 3 1. Alt. ZPO die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat verlängern, wenn durch die Fristverlängerung keine Verzögerung des Rechtsstreits eintreten würde. Bei langem Terminstand des zuständigen Berufungssenates mag danach eine erste Fristverlängerung unter diesem Aspekt durchaus erwogen werden, würde aber dennoch nicht überzeugen: Auch bei langem Terminstand wird durch die Fristverlängerung die Terminierung und Bearbeitung des Verfahrens aufgeschoben. Bis zur Terminierung hat sich der Terminstand im Regelfall weiter verschoben, so dass effektiv eine Verlängerung des Verfahrens eintritt.

 

Rz. 220

 

Hinweis

Auf eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kann bei einem ersten Antrag auf Verlängerung im Allgemeinen nur vertraut werden, wenn dieser auf erhebliche Gründe nach § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO gestützt wird.[334]

[334] Vgl. BGH NJOZ 2008, 300.

cc) Erheblicher Grund

 

Rz. 221

Eine erste Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat kann der Berufungskläger unter Verweis auf erhebliche Gründe erwirken (§ 520 Abs. 2 S. 3 2. Alt. ZPO). An die Darlegung eines erheblichen Grundes für die Notwendigkeit der Fristverlängerung dürfen bei einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist keine hohen Anforderungen gestellt werden. Daher reicht der bloße Hinweis auf eine Arbeitsüberlastung zur Feststellung eines erheblichen Grundes aus, ohne dass es einer weiteren Substantiierung bedarf.[335] Unter Umständen soll sogar eine konkludente Darlegung der für eine Fristverlängerung erforderlichen Voraussetzungen ausreichend sein.[336]

 

Rz. 222

 

Beispiele

Der Bevollmächtigte des Berufungsklägers kann hierzu vortragen, dass:

wegen der derzeitigen Arbeitsüberlastung eine rechtzeitige Anfertigung der Berufungsbegründung nicht möglich war,[337]
sich im Zuge der Bearbeitung herausgestellt hat, dass noch weitere Informationen von dem Mandanten erforderlich sind, die aus tatsächlich darzulegenden Gründen (z.B. Krankheit, weite Entfernung oder Urlaubsabwesenheit) vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht rechtzeitig eingeholt werden konnten[338] oder
im Hinblick auf den besonderen Umfang oder die besondere Schwierigkeit des Rec...

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