Rz. 96
Ist der Arrest ohne mündliche Verhandlung erlassen worden, kann der Antragsgegner bzw. sein Rechtsnachfolger nach § 924 ZPO Widerspruch erheben.[155]
Rz. 97
Sachlich und örtlich zuständig ist generell das Gericht, das den Widerspruch erlassen hat (§ 802 ZPO).[156] Sofern der Arrest erst in der Beschwerdeinstanz ergeht, ist ebenfalls die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts eröffnet.[157]
Rz. 98
Hinweis
Für einen Widerspruch muss der Arrest noch nicht zugestellt oder vollzogen sein.[158] Der Widerspruch ist auch nicht fristgebunden.[159] Allerdings kann er verwirkt werden. Das setzt neben einem sehr langen Abwarten (Zeitmoment) des Verfügungsschuldners grundsätzlich Verhältnisse voraus, unter denen ein Dritter vernünftigerweise etwas zur Wahrnehmung seines Rechts unternehmen würde (Umstandsmoment). Bei dem Zuwarten von eindreiviertel Jahren nach der Verfügung wird eine Verwirkung auch ohne sonstige besondere Voraussetzungen angenommen.[160]
Rz. 99
Der Widerspruch muss sich nicht auf den gesamten materiellen Inhalt des Arrestes bzw. der einstweiligen Verfügung erstrecken. Der Antragsgegner kann den Widerspruch auf die Kostenentscheidung beschränken, wenn er die Beschlussverfügung für materiell berechtigt hält, er aber mit der dort zu seinen Lasten ergangenen Kostenentscheidung nicht einverstanden ist, weil er vor Erlass der einstweiligen Verfügung weder abgemahnt noch angehört wurde.[161] Um in den Genuss der für ihn günstigen Kostenentscheidung nach § 93 ZPO zu kommen, muss allerdings der Widerspruch "sofort" i.S.v. § 93 ZPO erfolgen und auch im Widerspruchsschreiben auf den Kostenausspruch der Beschlussverfügung beschränkt werden. Jedes – auch das schuldlose – Zögern schadet insoweit.[162] Ob der Antragsgegner vor Erhebung des auf den Kostenausspruch der Beschlussverfügung reduzierten Widerspruchs eine Abschlusserklärung oder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben muss, ist umstritten. Nach h.M. darf er sich jedoch darauf beschränken, den Widerspruch sofort zu erheben und gleichzeitig auf die Kostenentscheidung zu beschränken.[163]
Rz. 100
Nach § 924 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Widerspruch zu begründen. Dabei handelt es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift mit der Folge, dass deren Verletzung keinen Einfluss auf die Zulässigkeit des Widerspruchs hat.[164] Daher kann eine Begründung noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen oder nachgeschoben werden.[165] Beachtet werden muss jedoch, dass für Vorbringen erst in der mündlichen Verhandlung die §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 2 ZPO gelten.[166]
Rz. 101
Durch die Erhebung des Widerspruchs wird der Arrest in ein Verfahren mit notwendiger mündlicher Verhandlung übergeleitet (§ 924 Abs. 2 S. 2 ZPO).
Rz. 102
Tipp
Weil durch die bloße Erhebung des Widerspruchs die Vollziehung des Arrestes nicht gehemmt wird, muss der Schuldner stets einen zusätzlichen Antrag auf Einstellung der Vollziehung nach §§ 924 Abs. 3, 707 ZPO stellen, wenn er bis zum Abschluss des Verfahrens nicht den Vollziehungsfolgen ausgesetzt sein will.
Rz. 103
Die Entscheidung über den Widerspruch erfolgt durch Endurteil (§ 925 Abs. 1 ZPO) und ist auf die Bestätigung oder die Abänderung bzw. Aufhebung der Eilanordnung gerichtet. Bei einer Aufhebung des Arrestbefehls entfallen nach der ganz überwiegenden Meinung die Wirkungen der Eilanordnung nicht erst bei Eintritt der Rechtskraft, sondern bereits mit dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils.[167] Soweit der Gläubiger vollstreckt hat, kann die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen verlangt werden.[168]
Rz. 104
Hinweis
Eine rechtmäßige Arrestanordnung ist nicht gem. § 325 AO (1977) wegen der Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens des Arrestschuldners aufzuheben, wenn das Finanzamt die Arrestanordnung bereits vollzogen und dadurch ein Absonderungsrecht erlangt hat.[169]
Rz. 105
Ob der Gläubiger in dem Fall, dass die Eilanordnung durch Endurteil aufgehoben wird, die Wirkungen dieser Aufhebung wiederum dadurch beseitigen kann, dass er im anschließenden Berufungsverfahren entsprechend §§ 707, 719 ZPO die Aussetzung der Vollziehung des Urteils beantragt, ist umstritten.[170]
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