I. Prüfung bestehender Vollmachten

 

Rz. 2

Das Überprüfen bestehender Vollmachten ist nach dem Erbfall oft mit Schwierigkeiten verbunden. Eine vollständige Erfassung bereits erteilter Vollmachten hat in den allermeisten Fällen nicht stattgefunden. Kommen Personen zur Erbfolge, die dem Erblasser vielleicht nicht unmittelbar nahegestanden haben oder Erbengemeinschaften, die sich oft zufällig zusammensetzen, ist die Frage, wem der Erblasser zu Lebzeiten welche Vollmachten erteilt haben könnte, gelegentlich nur schwer zu beantworten. Auf die damit verbundenen Schwierigkeiten soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Im Rahmen der Planung einer Unternehmensnachfolge ist allerdings ebenfalls zunächst eine Art Bestandsaufnahme zu machen, bevor an die Erteilung weiterer Vollmachten gedacht werden kann. Der Unternehmer bzw. sein Berater müsste prüfen, welche Vollmachten ggf. bereits erteilt worden sind, wem diese Vollmachten erteilt wurden und welche Reichweite sie haben.

 

Rz. 3

Will der Unternehmer seine Nachfolge neu strukturieren, ist dringend an den Widerruf bereits erteilter Vollmachten zu denken (siehe Rdn 42). Aber auch die Reichweite bereits erteilter Vollmachten bedarf einer näheren Betrachtung, insbesondere daraufhin, ob möglicherweise schon Bankvollmachten erteilt worden sind, ob Vollmachten postmortal oder transmortal gegeben wurden. Auch wird zu prüfen sein, ob der Unternehmer ggf. bereits testamentarische Vollmachten oder Testamentsvollstreckungen verfügt hat, wobei die Differenzierung später einer genaueren Betrachtung zu unterziehen sein wird.

Gerade bei den Beteiligten, die aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmen, darf unterstellt werden, dass sie möglicherweise schon in frühen Jahren Vollmachten erteilt haben. Sie können vom Umfang her sehr unterschiedlich ausgestaltet sein.

 

Rz. 4

Bereits seit dem Jahr 1996 gibt es Formulierungsvorschläge für den Bereich der Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung.[1] Seitdem hat es aber erhebliche Änderungen zu Art und Umfang derartiger Vollmachten gegeben. Mittlerweile gehört die Erteilung einer Vorsorgevollmacht zum Standardprogramm des Notars. Es gibt mehrere hundert Vorschläge zur Abfassung von Vollmachten und Patientenverfügungen, teilweise hat auch das Bundesjustizministerium entsprechende Vorschläge erarbeitet.[2]

Nachdem sich für jeden Bürger die Erteilung einer derartigen Vorsorgevollmacht als sehr nützlich und sinnvoll erweist, stellt sie bei einem Unternehmer ein unabdingbares Muss dar. Gerade bei mittelständischen Unternehmen, aber auch bei kleineren Unternehmen, ist dementsprechende Vorsorge zutreffen. Nicht nur für den Todesfall, sondern auch für den Fall, dass der Unternehmer selbst – vorübergehend – handlungsunfähig wird, ist die Erteilung einer derartigen Vorsorgevollmacht zu empfehlen. Diese Vorsorgevollmacht wird in aller Regel als Generalvollmacht erteilt. Bei unternehmerischer Tätigkeit des Vollmachtgebers wird man hier allerdings differenzieren müssen. In aller Regel wird der Unternehmer nicht dieselbe Person mit seiner Gesundheitsbetreuung beauftragen wollen und mit seiner Vertretung als Unternehmer, Gesellschafter pp. Insoweit ist also für diesen Personenkreis in aller Regel eine gesonderte Firmenvollmacht zu überlegen und andererseits die routinemäßig erteilte Vorsorgevollmacht hiergegen abzugrenzen, damit es nicht zu unguten Doppelzuständigkeiten oder Zweifelsfällen bzgl. des Umfangs der Vollmacht kommen kann.[3]

[1] Langenfeld, ZEV 1996, 339.
[2] www.bmj.bund.de/ratgeber.
[3] Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, Kapitel 10 Rn 21F.

II. Wirksamkeit bestehender Vollmachten

 

Rz. 5

Stellt man bei entsprechender Überprüfung und Recherche fest, dass der Unternehmer bereits Vollmachten erteilt hat, ist zunächst zu prüfen, ob diese Vollmachten noch wirksam sind oder möglicherweise bereits ursprünglich unwirksam waren oder nachträglich unwirksam geworden sind.

Ein grundsätzliches Formerfordernis besteht für die Erteilung einer Vollmacht nicht. Insbesondere sieht § 167 BGB nicht die Schriftform vor. Soweit unternehmerisches Terrain betroffen ist, wird allerdings in aller Regel eine schriftliche Vollmacht erteilt worden sein.

1. Anfängliche Unwirksamkeit

 

Rz. 6

Dieser Unterfall wird hier nur selten anzutreffen sein. Es handelt sich um den Fall etwa fehlender Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung. Dieser Gesichtspunkt, der bei der – zu späten – Erteilung von Vorsorgevollmachten gelegentlich eine Rolle spielt, die dann auch Bankvollmachten beinhalten können, dürfte bei der Regelung der Unternehmensnachfolge nur nachrangig relevant sein. Aber auch auf Unternehmerseite herrscht gelegentlich die Mentalität vor, die Dinge relativ spät regeln zu wollen, so dass es auch für die Erteilung einer Vollmacht dann schon zu spät sein kann. Dem Berater muss die dringende Empfehlung gegeben werden, derartige – zweifelhafte – Vollmachten nur dann noch zu begleiten oder gar als Notar zu beurkunden, wenn die Geschäftsfähigkeit des die Vollmacht Erteilenden unzweifelhaft festgestellt werden kann. Insoweit empfiehlt sich natürl...

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