Rz. 1554

Da mit Vertriebsaufgaben im Außendienst befasste Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten regelmäßig einen Pkw benötigen, stellen ihnen die Arbeitgeber häufig einen Dienstwagen zur Verfügung. Die Nutzungsbefugnis kann sich dabei entweder auf eine dienstliche Nutzung beschränken oder die private Nutzung des Wagens einschließen. Soweit nur eine dienstliche Nutzung vereinbart wurde, ist das Kfz Arbeitsmittel der Belegschaft und kann vom Arbeitgeber beliebig eingesetzt werden (Nägele/Schmidt, BB 1993, 1797). Enthält der Arbeitsvertrag keine Regelung über den Umfang der Nutzungsberechtigung, kann der Arbeitnehmer den Dienstwagen nur für Dienstfahrten benutzen. Hierzu gehören grundsätzlich nicht die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Küttner/Griese, Personalbuch 2017, Dienstwagen, Rn 2).

 

Rz. 1555

Ist auch eine private Nutzung vereinbart, ist die Stellung eines Wagens als Bestandteil des Vergütungsanspruches in Form einer Naturalvergütung der Gegenleistungspflicht des Arbeitgebers zuzurechnen (BAG v. 21.3. 2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 617; LAG Hamm v. 6.1.2012 – 7 Sa 1201/11, juris Rn 74; ErfK/Preis, § 611a Rn 522). Damit ist sie nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt leisten muss, also auch im Fall der Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, DB 2011, 939).

Sie ist steuer- und abgabepflichtiger Teil des nach § 611 Abs. 1, letzter Hs BGB geschuldeten Arbeitsentgeltes und damit eine Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers (vgl. BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, DB 2007, 1253; BAG v. 25.1.2001 – 8 AZR 412/00, juris Rn 15; BAG v. 5.9.2002 – 8 AZR 702/01, AP BGB § 280 n.F. Nr. 1 = NZA 2003, 973; BAG v. 27.5.1999 – 8 AZR 415/98, BAGE 91, 379). Die verabredete private Nutzung des Dienstwagens kann grundsätzlich nicht einseitig vom Arbeitgeber widerrufen (BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, EversOK Ls. 8), sondern nur durch Änderungskündigung oder Änderungsvereinbarung aufgehoben werden (Küttner/Griese, Personalbuch 2017, Dienstwagen, Rn 3). Selbst wenn ein Widerrufsvorbehalt in zulässiger Weise, bei vorformulierten Widerrufsregelungen entsprechend den Anforderungen des § 308 Nr. 4 i.V.m. § 307 BGB mit der Maßgabe vereinbart worden wäre, dass die Widerrufsgründe im Vertrag selbst angegeben und sachlich gerechtfertigt sind (BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, DB 2010, 1943), ist der Widerruf der privaten Nutzungserlaubnis gemäß § 315 BGB an die Grundsätze billigen Ermessens gebunden (sog. Ausübungskontrolle). Dabei sind das Interesse des Arbeitgebers an einer unverzüglichen Rückgabe und das Interesse des Arbeitnehmers an einer weiteren privaten Nutzung zu berücksichtigen. Eine formularmäßige Klausel, die eine jederzeitige Widerrufbarkeit der Privatnutzung vorsieht, hält der Inhaltskontrolle nach §§ 307 i.V.m. 308 Nr. 4 BGB nicht stand (BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012, 617; BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, DB 2010, 1943; BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, BB 2007, 1624; Schaub/Linck, ArbRHB, 17. Aufl. 2017, § 68 Rn 13). Selbst ein an ausreichende Gründe geknüpfter Widerrufsvorbehalt hält der richterlichen Inhaltskontrolle nicht stand, wenn der geldwerte Vorteil mehr als 25 % des Gesamtverdienstes ausmacht (BAG v. 11.1.2006 – 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87). Auch eine Änderung der Überlassungsbedingungen ist nicht einseitig möglich. Sie kann auch nicht durch eine sog. dynamische Verweisung auf eine Dienstwagenordnung in ihrer jeweiligen Fassung umgangen werden. Allerdings kann eine auf bestimmte Teile des MTV hinweisende Verweisungsklausel einer Inhaltskontrolle standhalten (BAG v. 6.5.2009 – 10 AZR 390/08, EversOK Ls. 11). Dies kann jedoch nicht für eine vom Arbeitgeber selbst erlassene Regelung gelten (vgl. OLG Köln v. 10.4.1996 – 6 U 128/95, EversOK Ls. 11, 12). Daraus folgt, dass die Überlassung des Dienstwagens regelmäßig an den Bestand des entlohnungspflichtigen Arbeitsverhältnisses gebunden ist. Ist die angestellte Vertriebskraft lediglich suspendiert, besteht das Arbeitsverhältnis i.Ü. aber fort, ist auch ein zur Verfügung gestellter Dienstwagen dem Arbeitnehmer zu belassen (LAG Sachsen v. 9.4.1997 – 10 Sa 936/96, EversOK Ls. 2), ohne dass es dabei auf das Bestehen eines Beschäftigungsanspruchs ankommt. Eine Vertragsklausel, die nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Freistellung von der Arbeitsleistung den sofortigen entschädigungslosen Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens vorsieht, ist unwirksam. Zu verlangen ist die Vereinbarung einer Ankündigungsfrist, die mindestens vier Wochen betragen sollte (LAG Niedersachsen v. 14.9.2010 – 13 Sa 462/10, juris Rn 38). Der Anspruch auf die Privatnutzung des Wagens entfällt als Bestandteil der Vergütung also nur dann, wenn der Anspruch auf die Vergütung entfällt (BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09, DB 2011, 939; BAG v. 11.10.2000 – 5 AZR 240/99, BAGE 96, 34; BAG v. 23.6.1994, BB 1994, 2276, 2277; BAG v. 16.11.1995, NZA 1995, 415; LAG Köln v. 4.3.1994, MD...

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