Rz. 35

Reihenfolge der Ermittlung der Partnerunterhaltsansprüche:

Der Umstand, dass neKM und F im Fallbeispiel gleichrangig sind, hat erst bei der Frage der Leistungsfähigkeit des M Bedeutung.

Es gibt keine zwingende Reihenfolge für die Ermittlung der Unterhaltsansprüche. Aber praktischerweise ist zunächst der Ehegattenunterhalt zu ermitteln (vgl. hierzu Fall 49, siehe § 15 Rdn 1).

1. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 36

Im Fallbeispiel wird davon ausgegangen, dass F1 wegen Betreuung des Kindes unterhaltsberechtigt ist (§ 1570).

2. Bedarf der F1

 

Rz. 37

Zunächst das Einkommen von M und F1 zu ermitteln, das für die Bestimmung des Bedarfs von F1 maßgebend ist.

a) Bedarfsbestimmende Einkommen des M in Bezug auf F1

 

Rz. 38

Nachdem es sich bei den 2.100 EUR bereits um das bereinigte Nettoeinkommen des M handelt, ist nur noch der Vorwegabzug des Kindesunterhalts zu prüfen.

aa) Vorwegabzug Kindesunterhalt?

(1) Kind aus erster Ehe

 

Rz. 39

Der Unterhalt für K1, der schon die erste Ehe geprägt hat, ist abzuziehen, und zwar in Höhe des Zahlbetrages.

(2) Kind aus der zweiten Beziehung

 

Rz. 40

Hierbei ist zu beachten, dass nach der neuen Rechtsprechung des BGH der Unterhalt für das Kind K2 aus der zweiten Beziehung des M mit neKM nur abgezogen werden kann, wenn K2 noch vor Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde (vgl. Fall 48, siehe § 12 Rdn 28 ff. und Fall 49a, siehe § 15 Rdn 25 ff.).

 

Hinweis

Dies ändert nichts daran, dass der Kindesunterhalt im Falle beschränkter Leistungsfähigkeit vorrangig sein wird. Es geht beim anstehenden Prüfungspunkt nur um die Ermittlung des Einkommens des M, das für den Bedarf der F1 maßgebend ist.

Im Fallbeispiel soll davon ausgegangen werden, dass das Kind K2 nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde. Der Kindesunterhalt für K2 hat somit die ehelichen Lebensverhältnisse von M und F1 nicht geprägt. Deshalb ist der Kindesunterhalt für K2 bei der Bestimmung des Bedarfs von F1 nicht vorweg abzuziehen (vgl. auch Fall 49, siehe § 15 Rdn 1).

bb) Vorwegabzug eines etwaigen Unterhalts für die Mutter des nichtehelichen Kindes?

 

Rz. 41

Auch der Unterhaltsanspruch der neKM hat die Ehe von M und F1 nicht geprägt und stellt deshalb keinen Abzugsposten dar.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09

Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

Somit ist für die Ermittlung des bedarfsbestimmenden Einkommens in Bezug auf F1 nur der Kindesunterhalt für K1 abzuziehen.

2.100 (Einkommen M) – 286,50 (Zahlbetrag Kindesunterhalt) = 1.813,50 EUR

b) Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1

 

Rz. 42

F hat tatsächlich kein Einkommen und kann bzw. muss im Fallbeispiel auch keines erzielen. Im Fallbeispiel ist deshalb auch kein fiktives Einkommen anzusetzen.

c) Halbteilungsgrundsatz (Grundsatz der gleichen Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen)

 

Rz. 43

Es gilt der Grundsatz der Halbteilung zwischen M und F1. Eine Bedarfsbestimmung nach der Dreiteilungsmethode kommt hier nicht in Betracht (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1).

Bedarf von F1:

Bereinigtes Nettoeinkommen des M nach Abzug des Unterhalts für K1: 1.813,50 EUR

Erwerbstätigenbonus: 10 % aus 1.813,50 EUR = 181 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 1.813,50 – 181 EUR = 1.632 EUR

Einkommen der F1: 0 EUR

Bedarf von F1: ½ von 1.632 EUR = 816 EUR

3. Ungedeckter Restbedarf (Unterhaltshöhe)

 

Rz. 44

Nachdem F1 kein Eigeneinkommen hat, entspricht dieser ermittelte Bedarf grds. auch der Höhe des Unterhalts von F1.

4. Leistungsfähigkeit des M

 

Rz. 45

M ist auch dem Kind K2 zum Unterhalt verpflichtet.

Wenn M den Kindesunterhalt und den Unterhalt für F1 in der ermittelten Höhe leisten müsste, verblieben ihm 711 EUR (2.100 – 286,50 – 286,50 – 816 EUR).

Der Ehegattenmindestselbstbehalt wäre bereits unterschritten.

Zudem ist M auch der neKM unterhaltspflichtig.

Die weiteren Unterhaltspflichten können Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des M haben.

 

§ 1581 Leistungsfähigkeit

Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

a) Kindesunterhalt für K2 als sonstige Verpflichtung

 

Rz. 46

Zunächst kann der Kindesunterhalt für K2 berücksichtigt werden.

b) Unterhalt nach § 1615l als sonstige Verpflichtung?

 

Rz. 47

Die neue Unterhaltsberechtigte muss vorrangig oder zumindest gleichrangig sein.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 159/09

Allerdings muss es sich bei dem hinzugetretenen Unterhalt um eine dem Geschiedenenunterhalt zumindest gleichrangige Verpflichtung handeln (Urt. v. 7.12.2011 XII ZR 151/09).

Die neKM ist nicht nachrangig. F1 und neKM, die beide wegen Kinderbetreuung unterhaltsberechtigt sind, sind vielmehr gleichrangig (zum Vorrang der neKM vgl. Fall 49, siehe § 15 Rdn 1).

Da der Unterhaltsanspruch nach § 1615l – anders beim Unterhalt für eine zweite Ehefrau – immer Kinderbetreuung voraussetzt, hat die Mutter eines nichtehelichen Kindes immer den Rang nach § 1609 Nr. 2 und ist je nach Rang d...

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