Rz. 3

Reihenfolge der Ermittlung der Partnerunterhaltsansprüche:

Der Umstand, dass die neKM und F im Fallbeispiel gleichrangig sind, hat erst bei der Frage der Leistungsfähigkeit des M Bedeutung.

Es gibt keine zwingende Reihenfolge für die Ermittlung der Unterhaltsansprüche. Aber sinnvoller Weise ist zunächst der Ehegattenunterhalt zu ermitteln (vgl. hierzu Fall 49, siehe § 15 Rdn 1).

 

Hinweis

Die Frage der Prüfungsreihenfolge stellt sich nicht, wenn das nichteheliche Kind vor Rechtskraft der Scheidung geboren wurde und damit der Unterhaltsanspruch der Kindsmutter nach § 1615l eheprägend ist. In einem solchen Fall kann es zur Dreiteilung auf der Bedarfsebene kommen (vgl. Fall 49a, siehe § 15 Rdn 25 ff. und § 16 Rdn 29 und Anhang 1 Rdn 1).

1. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 4

Im Fallbeispiel wird davon ausgegangen, dass F1 wegen Betreuung des Kindes unterhaltsberechtigt ist (§ 1570 BGB).

2. Bedarf der F1

 

Rz. 5

Zunächst das Einkommen von M und F1 zu ermitteln, das für die Bestimmung des Bedarfs von F1 maßgebend ist.

a) Bedarfsbestimmende Einkommen des M in Bezug auf F1

 

Rz. 6

Nachdem es sich bei den 5.000 EUR bereits um das bereinigte Nettoeinkommen des M handelt, ist nur noch der Vorwegabzug des Kindesunterhalts zu prüfen.

aa) Vorwegabzug Kindesunterhalt?

(1) Kind aus erster Ehe

 

Rz. 7

Der Unterhalt für K1, der schon die erste Ehe geprägt hat, ist abzuziehen, und zwar in Höhe des Zahlbetrages.

(2) Kind aus der zweiten Beziehung

 

Rz. 8

Hierbei ist zu beachten, dass der Unterhalt für das Kind K2 aus der zweiten Beziehung des M mit der neKM nur abgezogen werden kann, wenn K2 noch vor Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde (vgl. Fall 48, siehe § 12 Rdn 28 ff. und Fall 49a, siehe § 15 Rdn 25 ff.).

 

Hinweis

Dies ändert nichts daran, dass der Kindesunterhalt im Falle beschränkter Leistungsfähigkeit vorrangig sein wird. Es geht beim anstehenden Prüfungspunkt nur um die Ermittlung des Einkommens des M, das für den Bedarf der F1 maßgebend ist.

Im Fallbeispiel wird davon ausgegangen, dass das Kind K2 nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde. Der Kindesunterhalt für K2 hat somit die ehelichen Lebensverhältnisse von M und F1 nicht geprägt. Deshalb ist der Kindesunterhalt für K2 bei der Bestimmung des Bedarfs von F1 nicht vorweg abzuziehen (vgl. auch Fall 49, siehe § 15 Rdn 1).

bb) Vorwegabzug eines etwaigen Unterhalts für die Mutter des nichtehelichen Kindes?

 

Rz. 9

Auch der Unterhaltsanspruch der neKM hat die Ehe von M und F1 nicht geprägt und stellt deshalb keinen Abzugsposten dar.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09

Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB zu berücksichtigen.

 

Hinweis

Anders ist die Situation, wenn das nichteheliche Kind noch vor Rechtskraft der Scheidung geboren wurde (vgl. hierzu Fall 49a, siehe § 15 Rdn 25 ff., und die Hinweise am Ende des Fallbeispiels).

Somit ist für die Ermittlung des bedarfsbestimmenden Einkommens in Bezug auf F1 nur der Kindesunterhalt für K1 abzuziehen.

5.100 (Einkommen M) – 429,50 (Zahlbetrag Kindesunterhalt) = 4.670,50 EUR

b) Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1

 

Rz. 10

F1 hat tatsächlich kein Einkommen und kann bzw. muss im Fallbeispiel auch keines erzielen. Im Fallbeispiel ist deshalb auch kein fiktives Einkommen anzusetzen.

c) Halbteilungsgrundsatz (Grundsatz der gleichen Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen)

 

Rz. 11

Es gilt der Grundsatz der Halbteilung zwischen M und F1. Eine Bedarfsbestimmung mittels der Dreiteilung zwischen M, F1 und neKM kommt hier nicht in Betracht (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1).

Bedarf von F1:

Bereinigtes Nettoeinkommen des M nach Abzug des Unterhalts für K1: 4.670,50 EUR

Erwerbstätigenbonus: 10 % aus 4.670,50 EUR = 467 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 4.670,50 – 467 EUR = 4.203,50 EUR

Einkommen der F1: 0 EUR

Bedarf von F1: ½ von 4.203,50 EUR = 2.102 EUR

 

Hinweise

Es versteht sich von selbst, dass im Einzelfall stets zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen einer Herabsetzung (oder Befristung) vorliegen (vgl. hierzu die Fälle zur Herabsetzung und Befristung). Diese Prüfung kann jedoch erst erfolgen, wenn die Unterhaltshöhe ausgehend vom quotalen (Halbteilung) oder konkreten Bedarf ermittelt ist.
Bei guten Einkommensverhältnissen ist stets auch zu prüfen, ob Teile des Einkommens gar nicht für die Lebensführung verwendet wurden, sondern der Vermögensbildung dienten (zur deshalb u.U. gebotenen konkreten Bedarfsbemessung vgl. Fall 17, siehe § 3 Rdn 67 ff.).

3. Ungedeckter Restbedarf (Unterhaltshöhe)

 

Rz. 12

Nachdem F1 kein Eigeneinkommen hat, entspricht der ermittelte Bedarf von 2.102 EUR auch der Höhe des Unterhalts von F1.

4. Leistungsfähigkeit des M

a) Weitere Unterhaltspflichten

 

Rz. 13

M ist auch dem Kind K2 zum Unterhalt verpflichtet.

Wenn M den Kindesunterhalt für beide Kinder und den Unterhalt für F1 in der ermittelten Höhe leisten müsste, verblieben ihm 2.139 EUR (5.100 – 429,50 – 429,50 – 2.102 EUR).

Jedoch ist M auch der neKM unterhaltspflichtig.

Die weiteren Unterhaltspflichten können Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des M haben.

 

§ 1581 Leistungsfähigkeit

Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insow...

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