Rz. 4

Anders als im Sachschadenrecht werden im Personenschadenrecht keine fiktiven Kosten ersetzt. Eine Ausnahme gilt nur für den Haushaltsführungsschaden und bei kostenlos erbrachten Hilfsleistungen Dritter. Der Verletzte kann Zahlung der für eine Heilbehandlungsmaßnahme, z.B. Operation, erforderlichen Kosten nur verlangen, wenn er die feste Absicht hat, die Operation durchführen zu lassen und dies erforderlichenfalls auch nachweist.[9] Die Absicht zur Durchführung einer Behandlung kann sich aus der Behandlungsbedürftigkeit einer Verletzung und den zu ihrer Behandlung getroffenen Maßnahmen ergeben. Hat der Patient irgendwelche Maßnahmen zur Nachbehandlung nicht durchführen lassen, obwohl die mangelhafte Behandlung mehr als zwei Jahre zurückliegt, spricht dies gegen die Absicht, die Behandlung auch tatsächlich durchführen zu lassen.[10] Solange sich der Geschädigte zur Durchführung der Maßnahme (noch) nicht entschließen kann, ist die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen.[11] Keine fiktive Abrechnung liegt vor, wenn die feste Absicht besteht, eine bestimmte Maßnahme vorzunehmen, der Geschädigte die Kosten aber nicht vorschießen kann oder will. Er hat dann einen Anspruch auf Vorschusszahlung unter Vorbehalt der Rückzahlung, wenn die Maßnahme unterbleibt. Die häufig in der Rechtsprechung gewählte pauschale Formulierung, hier gebe es keinen Vorschussanspruch[12] ist falsch.

 

Rz. 5

Dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.1.1986,[13] das regelmäßig als Beleg dienen soll, lässt sich keineswegs entnehmen, dass ein Vorschussanspruch ausgeschlossen ist. Der Bundesgerichtshof hat lediglich entschieden, dass der Verletzte die Zahlung der für eine Operation erforderlichen Kosten nur verlangen kann, wenn er die Absicht hat, die Operation durchführen zu lassen. Solange der Verletzte nicht die feste Absicht zur Durchführung der Operation habe und dies erforderlichenfalls nachweise, stehe ihm ein Anspruch auf Zahlung der erforderlichen Operationskosten nicht zu. Dies setzt denknotwendig voraus, dass der Schadensersatzanspruch nicht davon abhängt, dass die Operation bereits durchgeführt ist. Der Bundesgerichtshof führt folgerichtig aus, dass sich die Absicht, die medizinische Maßnahme durchführen zu lassen, in aller Regel ohne weiteres aus der Behandlungsbedürftigkeit der Verletzung und den zu ihrer Behandlung getroffenen Maßnahmen ergeben wird. Was soll in diesem Fall anderes in Betracht kommen als eine Vorschussforderung? Das OLG Hamm spricht zutreffend von einem zweckgebundenen Vorschuss.[14] Entsprechendes gilt, wenn es um die Befriedigung vermehrter Bedürfnisse geht.[15]

[9] BGHZ 97, 14; OLG Hamburg MDR 2006, 873; OLG Köln VersR 2000, 1021.
[11] BGHZ 97, 14.
[12] Vgl. etwa OLG Köln, Urt. v. 19.5.1999 – 5 U 247/98, VersR 2000, 1021; Urt. v. 12.1.2005 – 5 U 96/03, GesR 2005, 266; Beschl. v. 21.11.2011 – 5 U 109/11, juris; vgl. auch OLG Koblenz VersR 2009, 1542 hinsichtlich einer beabsichtigten Revisionsbehandlung.
[13] BGHZ 97, 14; grundsätzlich weiter gehend Ziegler/Hartwig, VersR 2012, 1364.
[15] Zoll, Vermehrte Bedürfnisse Schwerstverletzter, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein, 2014.

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