Rz. 25

Ein Family Office befasst sich mit sämtlichen Aufgaben, die mit der Betreuung von Familienangelegenheiten und der Verwaltung eines großen Vermögens einhergehen. Die Ausprägungen solcher Family Offices sind so vielfältig wie die dahinterstehenden Familien (siehe hierzu auch § 15 Familienstrategie und Familiencharta).

Durch ein Family Office werden in der Regel zwei große Tätigkeitsfelder in unterschiedlicher Dienstleistungstiefe abgedeckt: Neben der Organisation und Durchführung von Familienangelegenheiten, Familientagen und privaten Services übernimmt ein Family Office die Vermögensverwaltung (Strukturierung, Optimierung und Anlage des Vermögens), die Vermögensbuchhaltung, das Vermögensreporting und das Controlling. Dazu gehört auch die Steuerung von Dienstleistern, wie z.B. Banken, Immobilien- und Vermögensverwalter, die Informationsaufbereitung und die Koordination von Steuer- und Rechtsberatern. Da jeder Berater seine eigene Perspektive auf die jeweilige Aufgabenstellung hat, ist es wichtig, dass der Family Officer das übergeordnete Ziel verfolgt und die Koordination bzw. Projektsteuerung übernimmt.

 

Rz. 26

Bevor eine Unternehmerfamilie ein eigenes Family Office gründet oder sich für den Anschluss an ein bestehendes Family Office entscheidet, sollten gemeinsam die Ziele erarbeitet werden, die der Familie wichtig sind und die sie mithilfe des Familienbüros erreichen will. Die Ziele sind die Grundlage für den Zuschnitt des Family Offices. Eines der am häufigsten genannten Ziele ist die Wahrung des Familienzusammenhalts, die professionelle Begleitung und Organisation des Familienverbundes. Dieses vorrangige Ziel ist auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehr sinnvoll. Die Bündelung des Familienvermögens ist von Vorteil aufgrund der erzielbaren Skaleneffekte und aus Gründen der Asset Allokation. Fixkosten lassen sich auf eine breitere Basis verteilen, die Verhandlungsposition gegenüber Dienstleistern wird gestärkt, und es können vorteilhafte Konditionen verhandelt werden. So sinken z.B. die Honorare der Depotbanken und Vermögensverwalter, die in der Regel prozentuale Gebührensätze auf das verwaltete Vermögen berechnen, relativ zum Anlagevolumen.

 

Rz. 27

Das Vermögen kann bei Bündelung mit größeren Losgrößen vorteilhafter allokiert werden. Häufig werden von erfolgreichen Asset Managern Mindestanlagevolumina verlangt, was durch die Bündelung erreicht werden kann.

 

Praxistipp

Ein Private Equity Manager verlangt ein Mindestzeichnungsvolumen von 1 Mio. EUR. Bei einer Zielquote von 15 % des Gesamtvermögens sollten für eine Mindestdiversifikation 15 Manager mit jeweils 1 % ausgewählt werden. 15 % entsprechen 15 Mio. EUR, und somit errechnet sich ein Gesamtvermögen von 100 Mio. EUR.

 

Rz. 28

Typischerweise hat eine Unternehmerfamilie im Unternehmen und auch außerhalb über Jahre hinweg Vermögen gebildet, oder es wurde durch einen Unternehmensverkauf Vermögen freigesetzt. Neben vermögensspezifischen Fragen sind für den langfristigen Vermögenserhalt auch Fragen zur Familienstruktur und Organisation entscheidend (siehe § 14 Familienstrategie und Familiencharta). Denn ein Family Office ist ein Teil der gesamten Familienstruktur. So stellen sich Familien z.B. nach dem Verkauf des Familienunternehmens die Frage, was "danach" kommt. Über viele Jahre war das Unternehmen der Dreh- und Angelpunkt der Familie, manchmal vielleicht auch zum Leidwesen einiger Familienmitglieder. Ein breit gestreutes Vermögen ist dagegen abstrakter, und die bei wachsenden Familien wirkenden "Zentrifugalkräfte" sind nicht leicht zu steuern: Die Interessen der Familienmitglieder sind unterschiedlich, und die Charaktere mindestens ebenso. Wichtig ist, dass nicht der Patriarch für alle Familienmitglieder entscheidet, sondern dass auch die anderen Familienmitglieder, gerade die jüngeren, "abgeholt" werden. Denn die nächsten Generationen werden das ursprüngliche Unternehmen nicht mehr in der heutigen Form vorfinden, und der Vermögensausweis auf einem Bankbeleg entspricht eben nicht dem Wert des eigenen Unternehmens, auch wenn die Beträge identisch sind.

 

Rz. 29

Um den Zusammenhalt in der immer größer werdenden Familie langfristig zu erhalten bzw. zu stärken, haben viele Familien regelmäßig stattfindende Familientage oder andere Formen des persönlichen Austauschs etabliert (siehe § 14 Rdn 55). Das Family Office kann bei der Erarbeitung des für die Familie passenden Formats und bei der Organisation unterstützen.

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