a) Grundsatz

 

Rz. 38

Der Bedarf der nichtehelichen Kindsmutter bestimmt sich nach deren Lebensstellung und damit nach deren Einkünfte, die sie ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte (vgl. Fälle 23 und 24, siehe § 5 Rdn 1, 40).

 

BGH, Beschl. v. 15.5.2019 – XII ZB 357/18 Rn 23

Das Oberlandesgericht ist dem Grunde nach zutreffend davon ausgegangen, dass für die Bedarfsbemessung gemäß § 1615l Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 1610 Abs. 1 BGB – jedenfalls zu Lebzeiten des Unterhaltspflichtigen – auf die Lebensstellung der Antragstellerin, das heißt auf das Einkommen abzustellen ist, das sie als Lehrerin ohne die Geburt des Kindes erzielt hätte. Demgemäß ist es nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die absehbaren Gehaltssteigerungen für die Antragstellerin mit in seine Erwägungen einbezogen hat (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 205, 342 = FamRZ 2015, 1369 Rn 34).

 

BGH, Beschl. v. 10.6.2015 – XII ZB 251/14 Tz. 34 = BeckRS 2015, 11758

Die Lebensstellung des nach den §§ 1615l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben, so dass sich später ein höherer Bedarf ergeben kann (teilweise Aufgabe der Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 und vom 13.1.2010 – XII ZR 123/08, FamRZ 2010, 444). (amtlicher Leitsatz)

Die neKM hatte vor der Geburt ein Nettoeinkommen von 1.200 EUR. Einkommenssteigerungen sind ihr durch Geburt und Kindererziehung nicht entgangen. Ihr Bedarf beträgt somit grundsätzlich 1.200 EUR.

b) Obergrenze für den Bedarf der neKM: Fiktion einer Ehe zwischen M und neKM

 

Rz. 39

Der Bedarf kann jedoch nicht höher sein als der, den die neKM hätte, wenn sie mit M verheiratet wäre (vgl. Fall 25, siehe § 5 Rdn 47). Deshalb ist für neKM ein fiktiver Ehegattenunterhalt zu berechnen.

 

BGH, Urt. v. 16.7.2008 – XII ZR 109/05

Obergrenze ist der Unterhaltsbetrag, der im Falle einer (gedachten) Ehe mit dem Kindsvater geschuldet wäre.

Zunächst hatte der BGH offen gelassen, ob eine Begrenzung des Bedarfs nach dem Halbteilungsgrundsatz geboten ist oder ob der Halbteilungsgrundsatz nur bei der Frage der Leistungsfähigkeit (eheangemessener Selbstbehalt) zu wahren ist.

 

BGH, Urt. v. 16.3.2016 – XII ZR 148/14 Tz. 21

Demnach kann auch offen bleiben, ob die Senatsrechtsprechung zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB im Wege des Halbteilungsgrundsatzes (Senatsurteil vom 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442) zu überprüfen ist und ob es sich hierbei um eine Frage des Bedarfs oder der Leistungsfähigkeit handelt.

Mittlerweile ist geklärt, dass der Halbteilungsgrundsatz bereits auf der Bedarfsebene zu wahren ist.

 

BGH, Beschl. v. 15.5.2019 – XII ZB 357/18 Rn 23

Das Oberlandesgericht hat weiter zu Recht darauf hingewiesen, dass der unterhaltsberechtigten Mutter aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen jedenfalls nicht mehr zur Verfügung stehen darf, als dem unterhaltspflichtigen Vater verbleibt, weshalb ihr Unterhaltsbedarf zusätzlich durch den Grundsatz der Halbteilung begrenzt ist (Senatsurteil vom 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442, 443 ff.).

Für die Berechnung des (hier nur fiktiven) Ehegattenunterhalts konnte in Fall 49 (Geburt des nichtehelichen Kindes nach Rechtskraft der Scheidung) nicht die Dreiteilungsmethode (gleichzeitige Bedarfsermittlung für M, F1 und neKM) herangezogen werden (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1). Der Unterhaltsanspruch bzw. Bedarf war für jeden der konkurrierenden Unterhaltsansprüche auf Ehegattenunterhalt nach dem Halbteilungsgrundsatz zu ermitteln.

Der Bedarf der neKM im Falle einer gedachten Ehe führt aber dann, wenn das nichteheliche Kind vor Rechtskraft der Scheidung von M und F1 geboren wurde – so im vorliegenden Fall –, zu einer Dreiteilung auf Bedarfsebene.

 

BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 33

Ohne rechtliche Relevanz ist die in diesem Zusammenhang von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, das Oberlandesgericht habe dabei die "Drittelmethode" rechtsfehlerhaft angewandt. Denn das Oberlandesgericht hat sich insoweit lediglich die Kontrollfrage vorgelegt, ob der für den Betreuungsunterhalt angesetzte Betrag über demjenigen liegt, der sich nach Dreiteilung der bedarfsprägenden Gesamteinkünfte der Beteiligten ergibt, und dies zutreffend verneint.

aa) Dreiteilung (Bedarf der neKM bei gedachter Ehe mit M)

 

Rz. 40

Wie oben schon dargestellt, ergibt sich folgender Bedarf der neKM;

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 2.406,50 EUR (3.000 – 326,50 EUR Kindesunterhalt – 10 % Erwerbstätigenbonus)

Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1: 0 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1: 0 EUR

Summe der Einkommen: 2.406,50 EUR

Bedarf von neKM: ⅓ von 2.406,50 EUR = 802 EUR

Der ermittelte Betrag von 802 EUR unterschreitet den Mindestbedarf. Deshalb ist der Mindestbedarf von 960 EUR anzusetzen.

 

SüdL

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Die Bemessung des nachehelichen Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Bedarf des Ehegatten beträgt mindestens 960 EUR.

bb) Vergleich des Bedarfs der neKM nach ihrer Lebensstellung mit dem bei einer gedachten Ehe

 

Rz. 41

Nach allem kann als Zwischenergebnis festg...

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