Rz. 103

Geht der überlebende Ehegatte eine neue Ehe ein, so kommt seine Versorgung in dieser neuen Ehe dem Schädiger schadensmindernd zugute.[230] Soweit der neue Unterhaltsanspruch in zumutbarer Weise durchsetzbar ist, muss sich der Geschädigte die von dem neuen Ehepartner erbrachten oder zu erbringenden Unterhaltsleistungen als Vorteil anrechnen lassen.[231] Insoweit beginnt mit der Auflösung der zweiten Ehe die Verjährungsfrist neu zu laufen.[232] Entsprechendes gilt, wenn der Ersatzberechtigte eine (neue) Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes eingeht.[233] Hingegen kann sich der Schädiger nicht darauf berufen, dass der hinterbliebene Ehegatte eine nichteheliche Gemeinschaft eingegangen sei, in welcher er Versorgungsleistungen empfange, da insoweit keine Vergleichbarkeit mit der Rechtslage bei Eingehung einer neuen Ehe besteht.[234] Dem schadensersatzberechtigten Hinterbliebenen ist der Wert der seinem Partner im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbrachten Haushaltsführung auf seinen Unterhaltsschaden nur anzurechnen, wenn und soweit ihm – unabhängig von der nichtehelichen Lebensgemeinschaft – die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zuzumuten gewesen wäre;[235] der Hinterbliebene kann sich nicht darauf berufen, wegen seiner Pflichten im Rahmen der eheähnlichen Lebensgemeinschaft sei er an der Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit gehindert.

 

Rz. 104

Der Wegfall oder die Beschränkung des Anspruchs auf die Unterhaltsschadensrente im Wiederverheiratungsfall kann stets erst dann berücksichtigt werden, sobald der überlebende Ehegatte eine neue Ehe auch tatsächlich eingeht. Es darf nicht von vornherein nach dem Unfalltod des ersten Ehegatten eine Begrenzung des Rentenanspruchs im Hinblick auf eine voraussichtliche Wiederverheiratung erfolgen; vielmehr bleibt es dem Schädiger überlassen, die unterhaltsrechtlichen Folgen einer Wiederverheiratung zur Grundlage einer Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO zu machen.[236]

 

Rz. 105

Im Falle der Scheidung der neuen Ehe leben die Unterhaltsersatzansprüche aufgrund des Todes des ersten Ehepartners wieder auf;[237] dabei kann es dem überlebenden Ehegatten nicht als Verstoß gegen § 254 Abs. 2 BGB angelastet werden, wenn er die zweite Ehe, aus welchen Gründen auch immer, nicht auf­rechterhält.[238]

[230] Vgl. BGHZ 26, 282, 293 f.; BGH, Urt. v. 28.1.1969 – VI ZR 220/67, VersR 1969, 424, 425; Urt. v. 17.10.1978 – VI ZR 213/77, VersR 1979, 55.
[231] BGH, Urt. v. 16.2.1970 – III ZR 183/68, VersR 1970, 522; Urt. v. 17.10.1978 – VI ZR 213/77, VersR 1979, 55.
[232] BGH, Urt. v. 16.2.1970 – III ZR 183/68, VersR 1970, 522; v. 17.10.1978 – VI ZR 213/77, VersR 1979, 55.
[233] Vgl. dazu Röthel, NZV 2001, 329, 330.
[235] Vgl. BGHZ 91, 357, 369; hierzu kritisch Dunz, VersR 1985, 509 ff.
[236] Vgl. dazu BGH, Urt. v. 28.1.1969 – VI ZR 220/67, VersR 1969, 424.
[237] Vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1978 – VI ZR 213/77, VersR 1979, 55 – auch zur Frage einer eventuellen Verjährung.
[238] Vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 22.3.1977 – 5 U 161/76, DAR 1977, 300.

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