Rz. 91

Solange der Vorerbe Besitz an der Sache hat, steht ihm ein Trennungsrecht, bei wesentlichen Bestandteilen eines Nachlassgegenstandes zugleich ein Aneignungsrecht zu.[122] Dabei ist zu beachten, dass der Vorerbe auch nach dem Eintritt des Nacherbfalls – obwohl er aufhört, Erbe zu sein (§ 2139 BGB) – noch berechtigter Besitzer des Nachlasses ist. Denn nach einhelliger Meinung[123] geht der Nachlassbesitz nach § 857 BGB nur an den Sachen auf den Nacherben über, an denen der Vorerbe keinen Verkehrsbesitz, also keine tatsächliche Gewalt, erlangt hatte. Auch wenn der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eintritt, entsteht Erbenbesitz nur beim Erben des Vorerben, nicht beim Nacherben. Der Besitzübergang erfolgt durch die Herausgabe des Nachlasses gem. § 2130 Abs. 1 BGB.

 

Rz. 92

Nach dem Besitzübergang besteht nach § 258 S. 2 BGB ein dinglicher Anspruch gegen den Nacherben auf Gestattung der Wegnahme.[124]

 

Rz. 93

Der Vorerbe ist im Gegenzug zur Wegnahme verpflichtet, die Sache auf seine Kosten wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, § 258 S. 1 BGB. Ist dies nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet (§ 251 Abs. 1 BGB analog).[125] Dem Nacherben steht ein Zurückbehaltungsrecht (§§ 273 f. BGB) zu, bis der Vorerbe ihm für den mit der Wegnahme verbundenen Schaden Sicherheit geleistet hat.

[122] BGHZ 81, 146, 150; 101, 37, 42; Grüneberg/Grüneberg, § 258 Rn 2.
[123] MüKo/Lieder, § 2139 Rn 2; Brox/Walker, § 25 Rn 29.
[124] BGHZ 81, 146, 150.
[125] MüKo/Krüger, § 258 Rn 8; Grüneberg/Grüneberg, § 258 Rn 3.

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