Rz. 99

Auch bei gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit mit anderen Freiberuflern, sei es als Sozien oder Partner einer Partnerschaftsgesellschaft, erzielen die Gesellschafter prinzipiell Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Katalogberufe) oder § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Hinzuweisen ist jedoch auf die Gefahr einer gewerblichen Infektion oder Abfärbung, wenn diese Personengesellschaft auch gewerbliche Einkünfte erzielt mit der Folge, dass sämtliche Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden. Ein solches Risiko kann sich ergeben, wenn die freiberufliche Tätigkeit des als Testamentsvollstrecker tätigen Gesellschafters nicht mehr den notwendigen Persönlichkeitsstempel trägt oder mit Berufsfremden eine mitunternehmerische Innengesellschaft begründet wird. Letzteres ist gerade im Hinblick auf die Entscheidung des BGH zur Zulässigkeit geschäftsmäßiger Testamentsvollstreckungen durch jedermann[180] ein virulentes Thema. Gewerbesteuersubjekt wird die Personengesellschaft als solche (§ 5 Abs. 1 S. 2 GewStG), auf deren Ebene sodann auch der Gewerbebetrieb als Steuerobjekt auch bei bloßer Abfärbung unterhalten wird.

Die rechtliche Trennung der Testamentsvollstreckung von der sonstigen freiberuflichen Tätigkeit ist somit zu empfehlen.[181]

 

Praxishinweis

Eine Gestaltungsoption hat der Bundesfinanzhof[182] mit der Entscheidung vom 28.6.2006 aufgezeigt. Danach führen gewerbliche Einkünfte im Sonderbereich des Gesellschafters einer freiberuflich tätigen Personengesellschaft nicht zu einer Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf die Einkünfte der (übrigen) Gesellschafter im Gesamthandsbereich. Die Führung der Testamentsvollstreckung im Sonderbereich des Freiberuflers sollte daher geeignet sein, gewerbesteuerliche Risiken der Mitgesellschafter zu vermeiden. Typischerweise in Freiberuflergesellschaften verwendete Vertragsklauseln, wonach sämtliche Einkünfte eines Gesellschafters, auch solche aus einer Testamentsvollstreckung, als Einkünfte der Gesellschaft gelten, könnten die Finanzverwaltung aber veranlassen, einen von dieser Rechtsprechung abweichenden Fall anzunehmen und gleichwohl die Infizierung anzunehmen. Alternativ kann erwogen werden, die gewerbliche Tätigkeit auf eine personenidentische Schwestergesellschaft auszugliedern.

[180] BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 213/01, AnwBl. 2005, 289 (Testamentsvollstreckung durch Banken); BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 182/02 (Testamentsvollstreckung durch Steuerberater), AnwBl. 2005, 287.
[181] So auch die Empfehlung von Olbing, AnwBl. 2005, 289.

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