Photovoltaik: Handlungsbedarf bei Mitunternehmerschaften

Der Gesetzgeber hat die Erträge aus kleineren Photovoltaikanlagen seit dem 1.1.2022 steuerfrei gestellt. Daraus ergibt sich Handlungsbedarf für vermögensverwaltend tätige Mitunternehmerschaften, welche bisher durch die Erträge aus einer Photovoltaikanlage gewerblich infiziert waren.

Wer ist betroffen?

Handlungsbedarf besteht für Mitunternehmerschaften (z. B. GbR), welche vorwiegend vermögensverwaltend tätig sind. Aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage werden originär gewerbliche Einkünfte erzielt. Dies hatte zur Folge, dass die Mitunternehmerschaft durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage gewerblich infiziert wurde (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Ertragsteuerlich bedeutet diese sog. Abfärbung, dass alle Einkünfte der Mitunternehmerschaft als solche aus Gewerbebetrieb gelten und alle Wirtschaftsgüter der Mitunternehmerschaft dem Betriebsvermögen zuzurechnen waren.

Was sind die Folgen der Steuerfreiheit?

Durch die gesetzliche Änderung in § 3 Nr. 72 EStG sind seit dem 1.1.2022 alle Erträge aus kleineren Photovoltaikanlagen von der Einkommensteuer befreit. Zu den Details wird auf den Beitrag "Steuerliche Entlastung für Photovoltaikanlagen ab 2022 und 2023" verwiesen.

Sind die Erträge aus der Photovoltaikanlage steuerbefreit, erzielt die Mitunternehmerschaft ab 2022 keine gewerblichen Einkünfte mehr, sondern nur noch Einkünfte aus der Vermögensverwaltung (z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Die bisher gegebene gewerbliche Infektion entfällt damit (§ 3 Nr. 72 Satz 3 EStG).

Dies führt wiederum dazu, dass alle Wirtschaftsgüter der Mitunternehmerschaft – mit Ausnahme der Photovoltaikanlage – aus dem bisherigen Betriebsvermögen ausscheiden. Wie bei jeder Entnahme müssen die in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden. Dabei kann es sich in der Praxis durchaus um größere Beträge handeln, wie z. B. bei der Entnahme eines Mietwohngrundstücks.

Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung

Um diesen steuerlich nachteiligen Effekt der Steuerbefreiung einer Photovoltaikanlage zu verhindern, hat die Finanzverwaltung eine Übergangsregelung geschaffen (BMF, Schreiben v. 17.7.2023, IV C 6 - S 2121/23/10001 :001, Rz. 23, s. hierzu auch den Beitrag "Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG für kleinere Photovoltaikanlagen ab 2022 Steuerbefreiung"): Aus Vertrauensschutzgründen kann von einer Entnahme abgesehen werden, wenn die Verstrickung der stillen Reserven bis zum 31.12.2023 aus anderen Gründen wiederhergestellt werden kann.

Wie gelingt eine Verstrickung der stillen Reserven?

Damit besteht bis zum Jahresende 2023 dringender Handlungsbedarf, insbesondere bei hohen stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern. Es gilt die Gewerblichkeit anderweitig zu erhalten bzw. herzustellen, damit eine Aufdeckung der stillen Reserven verhindert werden kann.

Für die Praxis können – abhängig von der Sachlage im konkreten Einzelfall – folgende Varianten in Betracht kommen:

  • Eine Umwandlung der bisherigen Mitunternehmerschaft in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, z. B. in eine GmbH & Co. KG, stellt eine Möglichkeit dar (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Die GbR wird dabei steuerneutral in die neue Rechtsform überführt.
  • Ein anderer – eher pragmatischer – Weg könnte es sein, die Steuerfreiheit der Photovoltaikanlage zu verhindern. Denkbar ist z. B. eine Erweiterung der PV-Anlage über die 15- bzw. 30-kWp-Grenze der Bruttoleistung hinaus sein. Gleiches kann auch durch eine Reduzierung der Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten im Gebäude gelingen, auf dem die PV-Anlage installiert ist. Die Einkünfte aus der Photovoltaikanlage blieben dann weiterhin als Einkünfte aus Gewerbebetrieb steuerpflichtig, die steuerliche Verstrickung damit weiter bestehen.
  • Im Einzelfall könnte es auch darstellbar sein, dass die Mitunternehmerschaft eine anderweitige gewerbliche Tätigkeit aufnimmt. Möglicherweise ist einer der Gesellschafter bereits gewerblich tätig und könnte seinen Betrieb auf die GbR übertragen.
  • Ferner könnte es ein Weg sein, den Betrieb der Photovoltaikanlage in eine andere bereits bestehende gewerblich tätige Mitunternehmerschaft einzubringen.
  • Noch ein Schritt konsequenter wäre die Einbringung des Betriebs der Photovoltaikanlage in eine Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH). Denn eine Kapitalgesellschaft erzielt kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte; die PV-Anlage bliebe damit steuerliches Betriebsvermögen.

Diese Aufzählung enthält die in der Praxis am häufigsten umsetzbaren Möglichkeiten. Doch bevor hierzu steuerlich "umgestaltet" wird, sei darauf hingewiesen, dass die Auswahl einer der aufgezeigten Gestaltungen stets einer eingehenden Prüfung im jeweiligen Einzelfall bedarf. Nicht jede Variante ist für die betroffene Gesellschaft bzw. ihre Gesellschafter immer die optimale Lösung.

Alternative Lösungen

1. Bevor über einen Weg nachgedacht wird, die gewerbliche Infizierung zu erhalten, sollte zunächst nochmals überprüft werden, ob denn eine solche in den Jahren bis 2021 auch tatsächlich bestanden hatte. Hintergrund ist der Umstand, dass die Rechtsauffassungen der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung in den zurückliegenden Jahren nicht durchgehend einheitlich waren und damit eine frühere Beurteilung heute nicht mehr zutreffend sein muss. Zudem hat auch der Gesetzgeber mit dem WElektroMobFördG v. 12.12.2019 die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Alt. 1 EStG n.F. geändert.

2. Hinzuweisen ist insbesondere darauf, dass eine gewerbliche Tätigkeit nicht zu einer Abfärbung führt, wenn diese Tätigkeit lediglich untergeordnet ist. Nach der Rechtsprechung des BFH ergeben sich hierzu folgende Wertgrenzen:

  • Die gewerblichen Umsätze übersteigen 3 % der Gesamtnettoumsätze der Gesellschaft nicht und
  • die gewerblichen Umsätze liegen auch nicht höher als 24.500 EUR.

Das sind Größenordnungen, die beim Betrieb einer kleineren Photovoltaikanlage oftmals nicht überschritten sein werden.

Und abschließend noch eine Frage:

Ist es nicht vielleicht die bessere steuerliche Alternative, dass die bisher bestehende gewerbliche Infizierung wegfällt? Es damit also bewusst in Kauf genommen wird, dass die bis 2021 entstandenen stillen Reserven versteuert werden?

Insbesondere wenn die Dauer der bisherigen Abfärbung nicht viele Jahre umfasste bzw. sich seither keine hohen stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern aufgebaut haben, sollte überlegt werden, ob nicht der Weg aus der Gewerblichkeit der günstigere, da steuerlich langfristig vorteilhaftere Weg ist.

Denn eines ist klar: Wird die steuerliche Verstrickung erhalten bzw. wiederhergestellt, dann bleiben auch alle stillen Reserven, die sich nach dem 31.12.2021 bilden, steuerlich verstrickt und müssen eines Tages versteuert werden.