Rz. 181

In der freien Wirtschaft sind Social Media-Anwendungen wie Facebook, Instagram, Xing, Youtube oder eigene Blogs mittlerweile fester Bestandteil und dienen zum einem dem Marketing von Produkten und zum anderen der Mitarbeitersuche.

Teilweise werden Social Media nunmehr auch von Anwaltskanzleien genutzt, wobei m.E. jedoch äußerste Vorsicht geboten scheint. Zwar sollten sich Kanzleien immer auch als Wirtschaftsunternehmen verstehen, dennoch dürfen die Pflichten der Anwälte als Organ der Rechtspflege nicht vergessen werden. Insbesondere die Verschwiegenheitspflicht aus dem Mandatsverhältnis muss zu jeder Zeit sowohl vom RA als auch von der ReFa zwingend beachtet werden.

 

Rz. 182

Dies im Hinterkopf kommt man jedoch nicht daran vorbei, sich mit dem Thema Social Media in der Kanzlei zu beschäftigen. Neben der offiziellen Website der Kanzlei wird das Image im zunehmenden Maße durch indirekte Äußerungen von Mandanten, Geschäftspartnern und Arbeitnehmern im Internet geprägt. Vor Mandatserteilung wird die Kanzlei unter Umständen von einem potentiellen Neumandanten oder zukünftigen Arbeitnehmer "gegoogelt".

Zum Teil ist es daher ratsam, dass die Kanzlei indirekt für positives Feedback sorgt und sich z.B. zu aktuellen Urteilen oder Gesetzesänderung äußert. Die Äußerung zu einem konkreten Mandat darf jedoch in keinen Fall geschehen.

Ferner kann negatives Feedback im Rahmen von Aufhebungsverträgen aktiv unterbunden werden, um so ein negatives öffentliches Nachhacken von ausgeschiedenen Mitarbeitern zu verhindern.

In der freien Wirtschaft gibt es spezielle Social Media-Teams, die gezielt positive Informationen über das Unternehmen verbreiten. In der klassischen Anwaltskanzlei gibt es ein solch gut ausgebildetes Team leider nicht. Unter Umständen ist es daher ratsam, sich Hilfe bei einem externen Spezialisten zu besorgen, der sich mit Sozialen Netzwerken auskennt.

Nichtsdestotrotz sind viele Mitarbeiter auch privat im Internet unterwegs und gerade hier liegt das Problem. Nicht alle Mitarbeiter wissen, wie sie sich dort als Mitarbeiter einerseits oder als Privatperson andererseits verhalten sollen.

 

Rz. 183

Deshalb ist es umso notwendiger, den Mitarbeitern eine sogenannte "Social Media-Richtlinie" an die Hand zu geben, die Hinweise zum Verhalten in Sozialen Netzwerken enthalten soll.

Zunächst muss der RA die Grundentscheidung treffen, ob die Kanzleizugehörigkeit überhaupt vom Mitarbeiter genannt werden darf.

 

Praxistipp:

Da grds. auch Privatäußerung von Mitarbeitern zu einem negativen Feedback für die Kanzlei führen können, sollte eine Nennung der Kanzleizugehörigkeit am besten bereits im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden.

Sollte jedoch eine Nennung der Kanzleizugehörigkeit erlaubt sein, so sollten folgende Grundsätze in der Social Media-Richtlinie enthalten sein:

Der Mitarbeiter soll – wie auch in der Kanzlei – stets höflich und freundlich sein.
Auf keinen Fall sollte er den Gesprächspartner beschimpfen oder bedrohen.
Der Mitarbeiter sollte immer klarstellen, dass es sich bei seiner Aussage um die eigene Meinung handelt und er nicht für die Kanzlei spricht.
Er soll keine Behauptungen aufstellen, die er nicht nachweisen kann.
Er soll keine Zusagen oder Versprechungen im Namen der Kanzlei abgegeben.
Der Mitarbeiter darf keineswegs kanzleiinterne oder mandantenbezogene Vorgänge diskutieren.
Kritik an Kollegen und Vorgesetzten ist auf keinen Fall über soziale Netzwerke, sondern kanzleiintern zu äußern.
Sensible Themen wie Religion oder Politik sollten vermieden werden.

Die vorstehende Liste kann natürlich individuell von der Kanzlei angepasst werden.

 

Rz. 184

 

Praxistipp für Arbeitnehmer:

Auch wenn ein "Ausgooglen" eines Bewerbers nach dem Bundesdatenschutzgesetz grundsätzlich verboten ist, so sollte jedem Arbeitnehmer bewusst sein, dass dies in der Praxis dennoch erfolgen kann.

Jeder sollte daher von Zeit zu Zeit einmal selbst reflektieren, welches öffentliche Bild er mit seinen Postings in den Sozialen Netzwerken von sich kreiert.

§ 32 BDSG sieht vor, dass personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Diese dehnbare Formulierung lässt durchaus Ausnahmen zu. Bewirbt sich z.B. eine 28 Jahre alte ReFa in der Kanzlei und gibt an, fünf Jahre Auslandserfahrung gesammelt zu haben, so kann die Kanzlei im Netz durchaus nach Hinweisen auf die Auslandsaufenthalte googeln, falls Bedenken hieran bestehen und dies für die Einstellung entscheiden wäre.

 

Rz. 185

Die Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, der Arbeitgeber hat diese ausdrücklich gestattet.

Auch wenn die private Nutzung des Internets (z.B. E-Mail -Empfang) teilweise vom Arbeitgeber frei gegeben worden ist, so erstreckt sich dies nicht automa...

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